Montag, 6. April 2009

Klartext reden heisst eindeutig reden

Quelle Berner Zeitung (Teile aus einem Interview mit Marcus Knill):

Fordern und reden Sie Klartext!

Von Vera Sohmer. Aktualisiert am 06.04.2009 1 Kommentar

Schwammige Antworten, weichgespülte Kritik, aufgeblähte Wortkonstrukte – wer Sie wertschätzt, speist Sie nicht mit Leerformeln ab. Forden Sie Klartext.

Gut, wenn der Chef hier zum Beispiel sagt: «Schauen Sie, Ihr Entwurf entspricht nicht unseren Abmachungen. Bitte überarbeiten Sie ihn entsprechend. Sollen wir die wichtigsten Punkte nochmals kurz durchgehen?» Weniger gut wäre: «Grundsätzlich gefällt mir Ihr Entwurf ganz gut. Aber eigentlich brauchen wir das irgendwie anders. Versuchen Sie es nochmal.»

Gut, wenn der Chef hier zum Beispiel sagt: «Schauen Sie, Ihr Entwurf entspricht nicht unseren Abmachungen. Bitte überarbeiten Sie ihn entsprechend. Sollen wir die wichtigsten Punkte nochmals kurz durchgehen?» Weniger gut wäre: «Grundsätzlich gefällt mir Ihr Entwurf ganz gut. Aber eigentlich brauchen wir das irgendwie anders. Versuchen Sie es nochmal.» Bild: colourbox.com

Der Politiker auf dem Podium: «Es braucht nun den festen politischen Willen, dieses Thema vertieft zu betrachten.» Der Manager vor den Medien: «Wir haben die geeigneten Massnahmen eingeleitet, doch für die Gesundung unserer Firma werden allenfalls noch schmerzhafte Prozesse notwendig werden.» Der Kollege in der Kantine: «Grundsätzlich gefällt mir dein Entwurf ganz gut. Da hast du dir ja wirklich viel Mühe gegeben, aber irgendwie brauchen wir das anders. Also wie genau, das weiss ich auch nicht so recht, aber versuch es doch nochmals – irgendwie anders halt»

Die Angst anzuecken

Absichtserklärungen und Ausweichmanöver, Verlautbarungen und Verklausulierungen – warum spricht keiner mehr die unverblümte Wahrheit aus?

Weil wir glauben, damit weniger anzuecken. Weil wir schon vorab die möglichen Angriffe abfedern wollen. Und weil wir denken, der andere vertrage das offene Wort nicht. «Wir scheuen uns vor klaren Formulierungen, deuten Kritik nur an», sagt Kommunikationsexperte Marcus Knill (siehe auch Interview unten). Eine verbreitete Unsitte seien etwa die Weichspüler: Jemand will sagen, was er schlecht findet, schwächt seine Aussage aber vorsichtshalber ab mit Sätzen wie: «Ich würde meinen, dass» Oder: «Wenn ich mir die Bemerkung erlauben dürfte» Man hoffe, damit dem anderen nicht auf die Füsse zu treten – und sich weniger unbeliebt zu machen.

Unter vier Augen

Man muss ein paar Regeln verinnerlichen, ergänzt Knill: freundlich bleiben im Ton. Fakten nennen, ohne sie zu bewerten. Den Sachverhalt auf den Punkt bringen. Ich-Botschaften formulieren: «Ich schätze es nicht, wenn Sie, wie gestern und vorgestern, unvorbereitet in die Sitzung kommen.» Zudem zeitnah kritisieren. Und: unter vier Augen, nicht vor dem ganzen Team.

Für Kommunikationsberater und Ex-«Arena»-Moderator Patrick Rohr ist klar: Es braucht Mut, Klartext zu reden. Mut deshalb, weil klare Aussagen ehrliche Aussagen sind. Fehl am Platz sei die Angst davor, sich mit einem offenen Wort Feinde zu schaffen oder den anderen mit Kritik oder schlechten News fertigzumachen. «Wer in seinen Aussagen schwammig ist oder nur Phrasen drischt, verletzt mehr als jener, der von Anfang an eine direkte und klare Sprache wählt.» Gerade bei schwierigen Themen sei es wichtig, schon im ersten Satz auf den Punkt zu kommen – statt sich der unangenehmen Wahrheit in Windungen zu nähern.

Rohr nennt als schlechtes Beispiel den Chef, der einem Mitarbeiter kündigen muss, dies jedoch im ganzen Gespräch nie direkt anspricht. Der Mitarbeiter realisiert erst danach, dass er soeben den Job verloren hat – und entwickelt verständlicherweise eine Riesenwut auf seinen Chef. Hätte dieser im ersten Satz gesagt: «Ich muss Ihnen leider kündigen», wären die Karten auf dem Tisch gelegen, und der Mitarbeiter hätte die Möglichkeit gehabt, gezielt nachzufragen. So aber habe der Vorgesetzte ein offenes Gespräch verhindert. Und dies nur, um sich vor der unangenehmen Situation zu drücken.

Weniger Missverständnisse

Warum wir Klartext reden sollten, hat noch einen anderen Grund: Wer um den heissen Brei herumredet, riskiert Fehlinterpretationen, sagt Knill. Eine Folge davon sei Zeitverlust, denn Missverständnisse müssen ausgeräumt werden. Dies wiederum führe zu Konflikten, und diese vergifteten das Arbeitsklima. Ärger, den man sich sparen kann – wenn man gleich sagt, was Sache ist. (Berner Zeitung)

Erstellt: 06.04.2009

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