Diese Frage beschäftigt nicht nur Journalisten und Politiker.
In der Oeffentlichkeit wird diese Frage derzeit heftig diskutiert.
Aus 20 Min:
«Bravo, der verdient einen Orden»
Die Öffentlichkeit steht hinter dem «Schimanski von Zürich». Statt der Anklage wegen Amtsgeheimnisverletzung fordert eine grosse Mehrheit der 20-Minuten-Online-Leser eine Belohnung für den Beamten der Stadtpolizei. Nur wenige finden, die Amtsgeheimnisverletzung müsse bestraft werden.
Aus Tagi:
Amtsgeheimnisse gibt es, seit es Staaten gibt, und deren Verletzung wird seit je verfolgt. Das Schweizerische Strafgesetzbuch droht Mitgliedern von Behörden und Beamten Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren an, wenn sie Amtsgeheimnisse offenbaren. An dieser Rechtslage hat auch die jüngste Entwicklung hin zum «gläsernen Staat» nichts geändert. Das seit gut zwei Jahren geltende Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) enthält zahlreiche Ausnahmen, die es Behörden weiterhin erlauben, Informationen vor den Bürgern versteckt zu halten. Und gemäss der Kriminalstatistik ist die Zahl der Verurteilungen wegen Amtsgeheimnisverletzung in den letzten 20 Jahren nicht etwa gesunken, sondern merklich angestiegen. Fragen um das Amtsgeheimnis haben somit an Aktualität nichts eingebüsst.
Schutz der Privatsphäre
Das Amtsgeheimnis dient im Wesentlichen zwei Rechtsgütern. Das eine ist unbestritten, es soll die Einzelnen vor Eingriffen in ihre Privatsphäre schützen. Mehr Diskussionsstoff bietet das andere: Das Amtsgeheimnis soll den Gang der Verwaltung sicherstellen. Das heisst, Behörden sollen ihre Entscheide ohne unzulässige Einmischungsversuche fällen können, und es sollen auch nicht Aussenstehende von Insiderinformationen profitieren. Diese sachlich nachvollziehbaren Einschränkungen führen aber zu folgendem Problem: Sie lassen sich leicht vorschieben, um unliebsame Vorgänge unter Verschluss zu halten.
Die Rechtsprechung verschliesst sich diesem Mangel der Konstruktion «Amtsgeheimnis» nicht. Sie anerkennt deshalb den Rechtfertigungsgrund der «Wahrnehmung berechtigter Interessen». Konkret bedeutet dies, dass ein Beamter Amtsgeheimnisse preisgeben darf, wenn überwiegende öffentliche Interessen dies erlauben oder gar gebieten. Naturgemäss wird ein Journalist ein überwiegendes öffentliches Interesse rascher bejahen als eine Staatsanwältin oder ein Richter. Sicher hebelt nicht jede Ungereimtheit, nicht jeder kleine Fehler in der Verwaltung das Amtsgeheimnis aus. Aber im Fall Nef wird wohl keiner behaupten wollen, es sei bloss um Ungereimtheiten oder Bagatellen gegangen. Das belegen nicht nur die bekannten Konsequenzen der Affäre, sondern es muss daran erinnert werden, dass es damals nicht um die Verfolgung harmloser Antragsdelikte ging, sondern um Offizialdelikte, also Vergehen, deren Verfolgung durch den Staat nicht an den Strafantrag eines Betroffenen gebunden ist.
Missstände erst intern beheben?
Allerdings verneint das Bundesgericht den Rechtfertigungsgrund, wenn dem Täter zur Erreichung des Ziels andere, gesetzliche Mittel zur Verfügung standen und ihm zuzumuten war, davon Gebrauch zu machen. Das legt den Schluss nahe, dass ein Beamter nicht an die Medien gelangen darf, ohne vorerst intern versucht zu haben, den Missstand zu beheben.
Doch fragt sich, was für ein Leben ein Polizist in einem Fall, in dem es um einen Topshot geht, wohl hätte, der zuerst bei übergeordneten Stellen interveniert und dabei auf Granit beisst. Wenn ein vom Unrecht überzeugter Polizist sich in dieser Situation wenig vom Dienstweg verspricht, schliesst dies nicht aus, dass er die Wahrung berechtigter Interessen vor Augen hatte. Also doch ein Held? Vielleicht nicht. Aber auch kein Übeltäter.
Kommentar: Wenn ein Beamter weiss, dass seine Kritik abgeblockt würde und er Angst hat - bei einer allfälligen Aufdeckung den Job zu verlieren - ist es nachvollziehbar, wenn er einen Missstand von öffentlichem Interesse "illegal" aufdeckt.
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