Montag, 15. September 2008

Phänomen Palin - sie sprengt die Normen

Aus tagi-online:

Wie Sarah Palin die Fantasien beflügelt

Noch vor wenigen Wochen kannte kein Mensch den Namen Sarah Palin. Nun sorgt die attraktive Vize-Präsidentschaftskandidatin für Rekordquoten in den Medien – und beflügelt die Fantasie.

Grafiker lassen sich von der Vize-Präsidentschaftskandidatin inspirieren

1/8 Sarah Palin inspiriert Grafiker weltweit. Sie sehen sie als blutrünstigen Dracula... Photo: DUKAS/FERRARI PRESS ·

Kaum fällt auf Tagesanzeiger.ch/Newsnetz der Name Sarah Palin, schlägt die Klick-Statistik nach oben aus. Die Republikanische Vize-Präsidentschaftskandidatin übt eine Sogwirkung aus, wie sonst nur Britney Spears oder Roger Federer. Was fasziniert so an ihr?

Es scheint, als ob der amerikanische Traum wahr wird: Die Gouverneurin von Alaska hat keine einflussreiche Familie im Rücken, war an keiner Elite-Uni, ist einfach eine normale Amerikanerin. Nicht nur Künstler und Grafiker interpretieren alles Mögliche in sie rein. Das Wall Street Journal vergleicht ihre Geschichte mit Filmen wie «Erin Brockovich».

Nur: Julia Roberts als hemdsärmlige Erin Brockovich war eine Sympathieträgerin, auch hier in der Schweiz. Von Sarah Palin kann man das nicht behaupten. Dauerfröhlich, mit glänzender Haut und Hochsteckfrisur – sieht man ein Bild von ihr, liegt einem das typisch amerikanische Kehlkopf-R schon in den Ohren. Sie posiert mit Jagdgewehr, hält eine US-Intervention in Georgien für möglich, soll Vetternwirtschaft betrieben haben, und – besonders wichtig – sie ist gegen vorehelichen Sex, ihre 17-jährige Tochter ist aber schwanger.

Alle Vorurteile der amerikanischen Doppelmoral und Oberflächlichkeit scheint sie zu bestätigen. Täglich kommen neue angebliche Enthüllungen. Und jede wird gierig aufgesogen. Die letzte zum Beispiel, dass sie Aufklärungsbücher aus öffentlichen Bibliotheken habe verbannen wollen. Die kommenden Schlagzeilen kreisen schon in unseren Köpfen: «Palin verwechselt Kolumbien mit dem Kaukasus», «Eines ihrer vier Kinder stammt von einem andern Mann», «Palin will aus den USA einen christlichen Gottesstaat machen». «So sind die Amerikaner halt!», so die Vox Populi. Ausser natürlich Obama. Der ist genau das Gegenteil, steht für alles Gute aus Amerika. Doch der interessiert irgendwie nicht mehr.

Wenn man die Wahl hat, positive oder negative Vorurteile bestätigt zu erhalten, so nimmt man lieber die negativen. Vor allem, wenn sie so schön daherkommen.

Kommentar:Wir fragen uns, ob sich diese Wirbel alle auch an der Urne auszahlen oder nicht kontraproduktiv sein werden. Aufmerksamkeit schaffen allein genügt nicht. Kaum auszudenken, wenn die grösste Weltmacht nach einem Ableben von McCain von dieser Frau regiert würde.

Nachtrag Blick-online:

Palins Mailkonto gehackt

Auszug des gehackten Mail-Accounts. (AP)
Als Beweis haben die Hacker einen Auszug von Palins Mail-Liste veröffentlicht.

Palins private mails gehackt
Die republikanische Kandidatin für den Posten des Vizepräsidenten und ihr Wahlteam bezeichnen den virtuellen Einbruch als eine «schockierende Invasion der Privatsphäre der Gouverneurin». Eine Strafuntersuchung sei eingeleitet worden.

Nicht, dass der Inhalt der Mails besonders Brisantes enthüllt hätte – doch die Praxis, dass die Gouverneurin offenbar Regierungsgeschäfte über einen privaten Mail-Account erledigt hat, sorgt in den USA für Wirbel. Ein Trick der Bush-Administration Schon die Bush-Administration hatte staatliche Angelegenheiten über Privatmails abgewickelt. Angeblich, um mögliche spätere Untersuchungen umgehen zu können. «Mails, in denen es um öffentliche Geschäfte geht, müssen über öffentliche Accounts laufen, damit sie später ins Archiv abgelegt und bei Bedarf wieder hervorgeholt werden können», erklärt Bürgerrechtler Charles Davis. Dazu kommt: Sarah Palin müsste es besser wissen. Immerhin war sie wegen der Vermischung von Geschäftlichen mit Privaten nicht nur als Gouverneurin, sondern bereits als Bürgermeisterin von Wasilla unter Beschuss gekommen. In privaten Mails hatte sie etwa ihren Angestellten geschrieben, dass diese ihre Zustimmung bräuchten, wenn sie mit der Presse reden wollten. Und als Gouverneurin von Alaska erledigte Palin die Ausschreibung für ein Ölpipeline-Geschäft offenbar auch über ihre Privat-Korrespondenz, so dass das Geschäft schliesslich ganz und gar nicht so transparent ablief, wie Palin es bei ihrem Amtsantritt angekündigt hatte. Loyalitäten und Geheimniskrämerei «Interviews zeigen, dass Frau Palin immer eine Administration führte, die ganz und gar auf Loyalitäten und Geheimniskrämerei setzte», schrieb die renommierte «New York Post» unlängst. Der Hacker-Angriff und die offengelegten Mails scheint der Zeitung recht zu geben. Palins öffentliche Erklärung zur geplanten McCain/Palin-Administration – «Wir werden alles transparenter machen und attraktiver für jene gestalten, die dienen wollen» – erscheint jetzt umso faden

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