Sonntag, 20. Juli 2008

Fortsetzung der Krisenkommunikationsgeschichte Fall Nef

Ich zitiere Tagi-online:

19. Juli 2008, 23:33

Happige Vorwürfe der Ex-Partnerin

Die Vorwürfe, welche die ehemalige Lebenspartnerin in einem Strafverfahren an Roland Nef richtete, sind massiv. So soll der heutige Armeechef Sexinserate benutzt haben, um seine Ex-Partnerin zu belästigen.

Während 18 Monaten soll Nef seine Ex-Freundin mit E-Mails und SMS belästigt haben.

Keystone Während 18 Monaten soll Nef seine Ex-Freundin mit E-Mails und SMS belästigt haben.

Bundesrat Samuel Schmid lobte Armeechef Roland Nef auch noch nach der turbulenten letzten Woche in den höchsten Tönen. Wenn ein Chef - trotz glaubwürdiger Hinweise ,dass sein Untergebener charakterliche Probleme hat - für seinen Kandidaten auch dann noch die Hand ins Feuer legt, so hat dies nichts mehr mit Loyalität zu tun. Spätestens an der Pressekonferenz hätte Bunderat Schmid merken müssen, dass sein Untergebener nicht nur in privaten Stressituationen unbesonnen handelt und die Nerven verlieren kann. Der emotionale Ausbruch gegen die Medien

"Jetzt reichts!"

hat auch dem letzten Fernsehkonsument gezeigt: Dieses Mann ist dann nicht stressresistent, wenn es ihn selbst betrifft.

Uebrigens: Ich habe auch bei den Seminaren mit Piloten gesehen und gelernt, dass familiärer Stress und Stress im persönlichen Bereich die Qualität des Jobs sehr wohl beeinflusst. Bei Roland Nef dürfen somit Eigenschaften, die mit seiner Persönlichkeitsstruktur zu tun haben, nicht einfach ausgeklammert werden - so wie es Samuel Schmid leider bis jetzt getan hat.

Häppchenweise folgen Ungereimtheiten!

Weitere Widersprüche kommen an den Tag

Laut Schweizer Fernsehen Tagesschau stimmt es nicht, dass Bundesrat Schmid von den persönlichen Problemen seines Anwärters für den höchsten Posten der Armee nichts gewusst hat.

Ich zitiere SF:

20. Juli 2008, Letzte Aktualisierung: 14:33

Schmid soll Vorwürfe gekannt haben, er wurde offenbar bereits Ende Juni informiert.

Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, war Bundesrat und VBS-Chef Samuel Schmid offenbar doch über die Vorwürfe der Ex-Freundin von Armeechef Roland Nef informiert.

Das Blatt schreibt, es habe den Verteidigungsminister bereits am 27. Juni 2008 informiert. Schmid seien Auszüge der Anklage und der Inhalt der Anschuldigungen zugestellt worden. Die Zeitung habe den VBS-Chef zu einer Stellungnahme aufgefordert. Schmid soll nur mit dem Eingeständnis, dass er vom hängigen Strafverfahren zum Zeitpunkt der Wahl wusste, reagiert haben.

An der Medienkonferenz Schmids vom Freitag, sagte jedoch der VBS-Chef, er kenne die Details zu den Vorwürfen nicht.

Ein VBS-Sprecher sagte nun am Sonntag, es treffe zu, dass das VBS von der «SonntagsZeitung» vor dem ersten Artikel eine Anfrage erhalten habe. (Ende Zitat)

Kommentar:

Solche Geschichten sind Gift in einer Kommunikationskrise.

Vor allem, wenn Aussagen müssen später korrigiert werden müssen und ältere Aussagen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

In Krisensituationen gilt das einfache Prinzip:

Alles was Du sagst, muss wahr sein. Aber Du musst nicht alles sagen, was wahr ist.

Es gibt KEIN Krisenkommunikationsaxiom, wie:

- Streite Tatsachen ab!

- Lüge!

Ich frage mich deshalb: Wer hat das VBS beraten?

Fortsetzung folgt - gemäss Drehbuch - wie erwartet

Wenn sich jemand in Krisensituation falsch verhalten hat, folgen Rundumschläge oder er kriecht sich beleidigt ins Schneckenhaus zurück. Nach 20 Min-online ist nun diese Phase nach dem Medienwirbel in der Sonntagspresse bereits eingetroffen:

Affäre Nef

Nef will nur noch rechtliche Waffen einsetzen

Armee-Chef Roland Nef nimmt nicht weiter zu den gegen ihn in den Medien erhobenen Vorwürfen Stellung, teilten Nefs Anwälte heute mit. Und dies, obschon weitere Fragen zur Affäre aufgeworfen wurden. Der oberste General will auch Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung einreichen.

Kommentar: Jetzt ist es zu spät mit dem Rückzug. Die Medienmaschinerie läuft auf vollen Touren. Nef hätte früher konsequent sein müssen. Indem er an seiner Pressekonferenz den Medien Andeutungen gemacht hat und doch etwas von sich preisgegeben hat (Vergleichen wir einmal die Journalisten mit Amseln, die im Rasen nach dem Regen Würmern suchen), muss er sich nicht wundern und ärgern, wenn die Journalisten den Kopf des Wurmes ruckweise ganz ans Tageslicht zerren. Meine Prognose: Mit dem Wehklagen "Alles ist eine Rufmordkampagene" kommt Nef nicht weiter. Er kann den Lauf der Dinge nicht mehr stoppen. Mit dem jüngsten Rundumschlag gegen die Medien schlägt sich Nef letztlich selbst. Es bleibt ihm nur noch: Entweder ein Mea culpa. Oder er müsste den Sachverhalt so offenlegen, dass alle einsehen. Der Armeechef ist nur ein Opfer von Gerüchten und Unwahrheiten. Er kann die Information nicht mehr führen. Er ist somit dem Schicksal ausgeliefert.

Doch zurück kann der der Armeechef nicht mehr: Vorab, weil er sich in eine Sackgasse hinein manöveriert hat oder weil er mit der ExFrau eine Vereinbarung getroffen hat, die er nicht offen legen kann. Fall er in der Ehekrise doch zu unbesonnen gehandelt hat.

Mit der Kommunikation "nur über den Anwalt" werden die "Amseln" (Journalisten) weiter am Wurm zerren, in der Hoffnung, sie erfahren trotz des Schweigens, was man nächste Woche in den Medien als News verkaufen kann. Mit der Info-Blockade weckt das angebliche Opfer bei den Journalisten die Neugierde nach versteckten Geschichten. Wenn jemand die Information nicht selbst führt, wird er geführt. Es gibt genügend frustrierte Personen, die den Medien nächste Woche neue vertrauliche Details zuspielen - selbst, wenn es nur Gerüchte sind. Nef wird dies an der eigenen Haut erfahren. Die Geschichte geht sicher weiter.

Tatsächlich: Es sieht nicht gut aus!

Die Lage spitzt sich zu (schon am Sonntagabend)

Causa Nef/Schmid spitzt sich zu Wie erwartet brachte die SonntagsZeitung neue brisante Einzelheiten zur persönlichen Auseinandersetzung des Armeechefs mit seiner Ex-Partnerin aufs Tapet. Obschon es um vertrauliche Akten geht, wurde ein Ausriss aus einer Akte publiziert, die veranschaulichen, dass Nefs unbesonnenen Handlung gravierender waren als vermutet. Es sind zwar illegale Enthüllungen, die eingeklagt werden könnten. Sollte jedoch der Inhalt stimmen, so sieht die Oeffentlichkeit in der Aufdeckung der Ungereimtheiten keinen Rufmord. Viele werden den Mut der Journalisten loben. Angenommen, es könnte tatsächlich nachgewiesen werden, dass der Armeechef mit einer Geldsumme die "Nötigung" zur einer gütigen Einigung erkaufen konnte und es könnte auch nachgewiesen werden, dass Bundesrat Schmid tatsächlich davon gewusst hatte (an der Pressekonferenz bestritt er dies zwar eindeutig), dann würde es für beide recht brisant. Immer wenn die Presse Falschaussagen oder einen Missstand mit illegalen Mitteln aufgedeckt, ist die Oeffentlichkeit nachsichtig. (Watergate -Effekt). Gehen wir davon aus, die Berichte der SonntagZeitung beweisen, dass mit fragwürdigen Mitteln bei der Wahl gezinkt worden ist und Bundesrat Schmid an der Pressekonferenz gelogen hat, so nimmt die Mediengeschichte eine neue Dimension an. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dann der Armeechef mit seiner Rufmordklage grossen Erfolg haben wird. Bereits am Sonntagabend spitzte sich die Situation durch die jüngsten zusätzlichen Enthüllungen dermassen rasch zu, dass noch diese Woche eine Sitzung der Sicherheitskommission einberufen wurde. Dies überrascht. Es ist eine Kehrtwende. Man wolltenämlich noch zuwarten. Doch die neuen Enthüllungen führten zum Umdenken. Jetzt geht es um die Glaubwürdigkeit der Armeespitze und das Vertrauen in die Armeeführung. Das VBS darf in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt bleiben. Bundesrat Schmid muss sich an der nächsten Sitzung rechtfertigen und zu all den happigen Vorwürfen Stellung nehmen. Bereits liegen die ersten Rücktrittsforderungen auf dem Tisch. Die Causa Nef/Schmid hat somit neue Formen angenommen auf politischer Ebene. Der Fall rückt jetzt in eine heisse Phase. Niemand spricht mehr von einem Sommerlochthema. Uebrigens: Einmal mehr sehen wir bestätigt, dass die unprofessionelle Pressekonferenzen während der Kommunikationskrise kein Befreiungsschlag waren, im Gegenteil: Die unbedachten Auftritte wurden zum Bumerang. Die zwiespältigen allenfalls falschen Aussagen und Antworten (sind gespeichert) können gravierende Folgen haben.

Tagi online (So abend 20. Juli)

Nefs Problem der Glaubwürdigkeit untersuchen

Laut Bundespräsident Pascal Couchepin muss die persönliche Glaubwürdigkeit von Armeechef Roland Nef geprüft werden.

Bundesrat Samuel Schmid, der zunehmend unter Druck gerät, wird morgen vor den Medien eine Stellungnahme abgeben

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