Samstag, 29. Dezember 2007

WIE OSPEL EIN GROUNDING VERHINDERT

Ospels Ausweichtechnik - Oder: Wieso gelingt es ihm immer wieder, sich aus der Schusslinie zu bringen?

Aus blick-online vom 11.Dez.07

Ich zitiere absichtlich das gesamte Interview:

BLICK (B): Herr Ospel, wie soll man einer Bank noch vertrauen, die mit ihren Zahlen dermassen daneben liegt?

MARCEL OSPEL (O): «Ich verstehe die Verwirrung. Niemand hat damit gerechnet, dass UBS rund 16 Milliarden abschreiben muss und möglicherweise in diesem Jahr keinen Gewinn erzielen wird. Aber es gibt keinerlei Grund, besorgt zu sein. Man kann weiterhin volles Vertrauen in unsere Bank haben. Wir bleiben eine der sichersten Banken der Welt.»

B: Anfang Oktober sagten Sie: «Wir haben unsere Engagements konservativ bewertet und fühlen uns mit ihnen komfortabel.» Jetzt sagen Sie: «Noch schlimmere Auswirkungen sind für mich nur sehr schwer vorstellbar.» Warum soll man Ihnen diesmal glauben?

O: «Das Problem war, dass im amerikanischen Immobilienmarkt im Oktober und vor allem im November erneut eine negative Dynamik eingesetzt hat. Mit unserer jüngsten Wertberichtigung nehmen wir ein extremes Stress-Szenario voraus. Dabei ist für mich aus heutiger Sicht aber schwer vorstellbar, dass dieses Szenario so eintreffen wird.»

B: Es könnte am Ende weniger schlimm sein, als man jetzt angenommen hat?

O: «Das halte ich durchaus für möglich.»

B: Von aussen hat man oft den Eindruck, dass eine Firma nicht alles kommuniziert, was sie weiss. Aber derzeit macht die UBS den Eindruck, dass sie’s selber nicht weiss.

O: «Ich kann das verstehen. Und ich kann gleichzeitig versichern, dass wir genau wissen, welche Bestände wir in unseren Büchern haben.»

B: Banken sind dazu da, das Funktionieren einer Volkswirtschaft zu ermöglichen. Im Moment machen sie das Gegenteil: Sie gefährden die Konjunktur.

O: «Das ist die alte Frage nach dem Huhn und dem Ei.»

B: Zumindest war am Konjunktur-Himmel kaum eine Wolke zu erkennen – bis die Bankenkrise ausbrach.

O: «Das ist keine Bankenkrise, sondern eine Kreditkrise.»

B: Also eine Kreditkrise. Und die greift inzwischen auf andere Bereiche über.

O: «Nein, es war umgekehrt. Die Konjunktur in den USA hat sich abgeschwächt, die Immobilienpreise begannen zu sinken, und das brachte die Hypothekarschuldner in Bedrängnis.»

B: Aber in den US-Häusermarkt ist zu viel Geld gepumpt worden. Nicht direkt durch die UBS, aber durch die Banken. Deshalb ist es eben doch eine durch Banken verursachte Krise. Aber das war doch eine Blase – und die wäre nur noch grösser geworden.

O: «Wir müssen vorsichtig sein mit diesen Begriffen. Es gibt eine Immobilienblase in Teilen des Marktes, aber längst nicht überall. Viele US-Immobilien sind von der Krise nicht betroffen.»

B: Nach dem neuen Abschreiber muss niemand den Hut nehmen. Warum?

O: «Wir haben bereits personelle Konsequenzen gezogen. Was jetzt bekannt wurde, hat den gleichen Ursprung.»

B: Diesmal fordert niemand Ihren Rücktritt – gutes oder schlechtes Zeichen?

O: «Wahrscheinlich ein gutes. Ich gehe nicht feige zur Hintertüre hinaus, wenn ich einen Beitrag zur Lösung leisten kann.»

B: Aber sobald das Problem als gelöst bezeichnet werden kann – ist dann auch Ihre Zeit abgelaufen?

O: «Das würde ich daraus nicht ableiten.»

B: Wann erfährt die Öffentlichkeit die Wahrheit über den Abgang von Peter Wuffli im letzten Juli?

O: «Alles was wir dazu sagen konnten, haben wir gesagt.»

B: Die Sache wird zum Mythos wie die Ermordung Kennedys. Denn alle wissen: Irgendwo in einem UBS-Schrank liegt ein Papier, auf dem die Wahrheit zu Wuffli steht.

O: "Alles was wir dazu sagen konnten, haben wir gesagt." B: Wuffli ist einer der Hauptverantwortlichen, weil er in der relevanten Zeit Konzernchef war. Warum schützen Sie ihn?

O: «Wie gesagt: Alles was wir ...»

B: Lassen wir das. Ihr Lohn wird 2007 nur aus der Basisvergütung von 2 Mio. bestehen. Definitiv kein Bonus?

O: «Noch hat der Kompensationsausschuss nicht entschieden. Aber ich erwarte keinen Bonus, und ich will auch keinen.»

B: Das klingt nach symbolischem Beitrag: Selbst wenn man Ihnen einen Bonus geben würde, würden Sie ihn zurückgeben?

O: «Ich habe gesagt: Ich will keinen Bonus.»

B: Also würden Sie ablehnen.

O: «Das sind Ihre Worte. Meine sind: Ich will keinen Bonus.»

B: Die UBS hat über 80000 Angestellte. Wie viele davon müssen einen tieferen Bonus in Kauf nehmen?

O: «Bonusberechtigt sind fast alle. Wir kennen keine Sippenhaftung. Das heisst, in jenen Abteilungen, die gut gearbeitet haben, wird auch ein Bonus bezahlt.»

B: Sie haben einen neuen Aktionär: die staatliche GIC aus Singapur. Wird die UBS teilverstaatlicht?

O: «Nein, das ist erspartes Geld des Staates Singapur. Singapur und die Schweiz vertreten gemeinsame Werte. Namentlich mit Blick auf ihre beiden Finanzplätze.»

B: Aber was ist, wenn sich ein Staatsfonds beteiligen will, den man nicht vorbehaltlos gut heissen kann? Sagen wir aus Saudi-Arabien.

O: «Unsere Aktien sind weder vinkuliert noch sonst wie gesperrt. Wer will, kann sie kaufen. Aber auch uns ist selbstverständlich wichtig, wer bei uns investiert ist.»

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Ende Zitat

ANALYSE:

In der ersten Antwort federt Ospel Druck ab, indem er das Harvard Prinzip nutzt: Ich verstehe Sie, aber...

Dann beschönigt er die UBS Situation und besänftigt: "Wir bleiben eine der sichersten Banken!" Die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit ist berechtigt. Der Journalist zweifelt: Schon letztes Mal wurde die Oeffentlichkeit beschwichtigt. Die Aussage, dass schlimmere Auswirkungen auch nach der zweiten Krise nicht vorstellbar sind, wie soll man dies noch ein mal glauben? Ospel spricht vom amerikanischen Immobilienmarkt im Oktober von einer negativen Dynamik, den jüngsten Wertberichtigung und davon, dass man ein extremes Stress-Szenario vorweg genommen habe. Was dies konkret heisst, kann man sich schlecht vorstellen, doch hilft diese Vernebelungstaktik, sich aus dem Schussfeld herauszumanöverieren.

Ospels Antwort, es sei möglich, dass die Situation weniger schlimm werde, als es aussehe, ist eine Antwort, die alles offen lässt. Angenommen, es kommt erneut zu einer Panne, könne er sich darauf berufen, dass er nur angenommen habe, dass....

In den meisten seiner Antworten lässt sich Ospel nicht festlegen. Er sagt beispielsweise nur, er wisse, was in den Büchern stehe. Doch, was drin steht, sagt er nicht.

Die Schuld der Banken (sie haben zu leichtfertig Hypotheken vergeben) tut Ospel mit dem trivialen Spruch ab: " Das ist die alte Frage nach dem Huhn und dem Ei". Damit sieht es so aus, als sei nicht die Bank, sondern die Wirtschaftlage am Flop schuld.

Der Journalist merkt, dass sich Ospel aus der Verantwortung stehlen will und greift nach:

" Aber in den US-Häusermarkt ist zu viel Geld gepumpt worden. Nicht direkt durch die UBS, aber durch die Banken. Deshalb ist es eben doch eine durch Banken verursachte Krise!"

Ospel signalisiert zuerst Verständnis, beharrt dann auf dem Huhn : Ei Vergleich, indem er kontert:

"Hätte sich die US-Wirtschaft nicht abgekühlt, wäre die Krise gar nicht ausgebrochen und die Häuserpreise wären weiter gestiegen.»

Der Journalist belibt hart und wiederholt, dass es die Banken waren, die den Markt aufgeblasen hatten. Falls es nämllich der Wirtschaft weiter gut gegangen wäre, hätten die Banken vermutlich die Blase noch mehr aufgeblasen!

Jetzt steht Ospel argumentatorisch an der Wand. Er rettet sich, indem er das Wort "Blase" in Frage stellt und vom Kernproblem ablenkt:

"Wir müssen vorsichtig sein mit solchen Begriffen".

Da Ospel merkt, dass er in einen Argumentationsnotstand kommen könnte, windet er sich mit einem Diffenzierungstrick und sagt: Nicht überall ist es so gewesen, z.B......

Auf die Frage nach allfälligen Konsequenzen - seinen Rücktritt - wiederholt Ospel die Standardantwort, die er bereits in verschiedenen Medien heruntergebetet hat: "Ich verlasse die UBS nicht feige über die Hintertüre." Ospel könnte sich auch offen durch die Vordertüre verabschieden, weil er schon mehrmals versagt hat und Milliarden SFr vernichtet wurden.

Auf die heikle und brisante Frage nach dem fragwürdigen Abgang Wufflis erhält der Journalsit immer wieder die plumpe Standardantwort: «Alles was wir dazu sagen konnten, haben wir gesagt.» Dieses ständige Wiederholen macht bewusst, dass hier etwas nicht ans Licht kommen darf oder etwas faul ist.

Das Ritual mit der sturen Wiederholung: «Alles was wir dazu sagen konnten, haben wir gesagt.» bringt das Gespäch nicht weiter . Der Journalist muss klein beigeben mit den Worten: "Lassen wir das."

Ueberall war zu lesen, dass Ospel für dieses Jahr keinen Bonus bekomme. Nun erfahren wir, dass Ospel unter Umständen doch einen verstecken Bonus kassiert.

Auch bei diesem Thema fällt auf, dass Ospel nie sagen will, ob er einen möglichen Bonus zurückgibt. Er wiederholt auch bei dieser Frage den gleichen Satz:

«Ich habe gesagt: Ich will keinen Bonus.»

Auf die Nachfrage: "Also Sie würden den Bonus ablehnen?" wiederholt Ospel nur seine Standardantwort:

«Das sind Ihre Worte. Ich sagte nur: Ich will keinen Bonus."

Wenn wir Ospel bei einer möglichen Gutschrift nachträglich vorwerfen würden, er habe doch einen Bonus erhalten, so könnte er sich herausreden: Er habe immer nur gesagt "Ich WILL keinen Bonus. Ich habe nie erklärt, ich NEHME ihn nicht".

Dies sind raffinierte Spitzfindigkeiten, die Ospel genau kennt, er ist ein Könner im Ausweichen. Bislang konnte er sich trotz zahlreicher Angriffe und Pannen stets aus der Schusslinie heraus manöverieren, wie beispielsweise vor Jahren beim Swissairgounding.

Wie oft noch?

Vermutlich muss Ospel den Sessel immer noch nicht räumen, weil die Bank (noch) keinen Nachfolger für ihn hat. Rhetorisch beherrscht er jedenfalls die Ausweichtechnik.

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