SVP agiert - die andere Parteien reagieren
Die SVP profitiert von den Fehlern der anderen ParteienTagesanzeiger online schreibt:
Die SVP gibt im Wahlkampf die Themen vor, beklagt die Probleme, preist ihre Lösungen an, lenkt die Debatte, dominiert die Berichterstattung, bringt ihre eigenen Widersprüche zum Verschwinden und huldigt ihrem Anführer mit einem Personenkult, wie ihn die Schweiz noch nie gesehen hat. Und was machen die anderen? Obwohl die SVP seit bald zwanzig Jahren Abstimmungskämpfe als Wahlkämpfe abhält und Wahlkämpfe als Richtungskämpfe inszeniert, haben die drei übrigen Bundesratsparteien noch immer keine Gegenstrategie entwickelt. Darin sind sich die Politikberater, PR-Profis und Abstimmungsorchestrierer einig, die man befragt, und zwar unabhängig von ihrer politischen Haltung.
Fazit der Experten und Politologen: Keine der drei anderen Parteien erreicht mehr die Öffentlichkeit.
Die Auftritte der Freisinnigen wirken entrückt, ihre Reaktionen blutleer, ihre Wahlplakate entweder banal oder unverständlich. Die SP bringt es weder fertig, ihre eigenen Themen einzubringen, noch die Widersprüche der Gegenseite in die Öffentlichkeit zu tragen. Stattdessen produziert sie den Widerspruch gleich selber. So plädiert die Partei für Fairness, um dann mit einem Plakat zu schockieren, auf dem ein Flugzeug in ein Atomkraftwerk rast. Die Kampagne seiner Partei, kritisiert ein einflussreicher Sozialdemokrat, «bleibt ohne die gewünschte Wirkung.» Die CVP schliesslich hält sich ruhig und hofft auf ihre nette Bundesrätin. Damit aber lässt sich kein Wahlkampf machen. «Ich frage mich schon lange», sagt der diskrete, aber erfolgreiche Kampagnenleiter Guido Weber, selbst FDP-Mitglied, «warum die drei anderen Bundesratsparteien sich so hilflos auf das Spiel der SVP einlassen, statt eigene Themen zu setzen.» Nicht einmal die Grünen bringen es mehr fertig, die hochaktuelle Umweltproblematik in die Öffentlichkeit zu tragen. «Statt vom Klima», sagt Guido Weber lakonisch, «reden jetzt alle vom politischen Klima.» Und von der SVP.
Kommentar:
Vermutlich geht es vor allem um ein ein Personenproblem. Ich teile die Meinung des Tagesanzeigers.
Hans-Jürg Fehr, ein messerscharfer, intellektueller Dialektiker, geht zu wenig auf die Wünsche der Basis ein. Er will keinen Jota von seinen Inhalten abrücken, Inhalte welche der Basis nicht unter den Nägeln brennt und glaubt die Niederlage in Zürich sei nur auf die unglückliche Art des Kommunizierens zurückzuführen.
Fulvio Pelli, der intern eine gute Figur macht und intern integrieren kann, wirkt zu abgehoben. Obschon die beiden am letzten Freitag einen schwachen SVP Gegner (Fraktionschef Caspar Baader) hatten, gaben sich Fehr und Pelli zu verkrampft und wirkten rechthaberisch. Die SVP führt hingegen einen hochprofessionellen, mehrphasigen sehr teuren Wahlkampf nach ausländischem Vorbild. Das funktioniert (nach Tagi online) nur deshalb, weil sie sich, strikte an ihrem Anführer orientiert. «Es war schon sehr früh klar, dass sich Blocher selbst engagieren wird und von der Partei zum Wahlkampfthema gemacht wird», sagt der Politberater Martin Baltisser, der es als ehemaliger SVP-Generalsekretär wissen muss. Das Erstaunliche: Selbst die Kritik der Medien versehen die Akteure als Teil ihrer Kampagne einzukalkulieren. «Die Medien sind in der Falle», sagt Martin Baltisser: «Je heftiger sie auf die SVP reagieren, desto mehr arbeiten sie ihr zu.» Entscheidend ist somit nicht, was eine Zeitung schreibt, sondern wo; am liebsten mehrspaltig auf der Frontseite.Verschiedentlich wies ich darauf hin: Viele tappen ständig in die Blocherfalle. Das individualistische Selbstverständnis der SP Mitglieder führte dazu, dass man sich parteiintern zu stark kritisiert und sich dadurch vor einem klaren Auftritt scheut. Die Präsentation des GPK-Berichts, so Guido Weber, sei «dilettantisch, da politisch durchsichtig» gewesen. SP-Mann Peter Bodenmann auch den Auftritt von CVP-Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz dazu. Der Präsidentin der Subkommission, sagt er, seien «offensichtlich die Jagdinstinkte durchgegangen». Ich schrieb von einer Todsünde der Kommunikation, wenn bei einer Untersuchung über Mutmassungen so geredet wird, als wären es Fakten. Auch sie tappte in eine Falle und muss nun die Folgen ausbaden. Insbesondere Bundesrat Pascal Couchepin schoss mit seinem Duce-Vergleich ein Eigencoal (auch für seine Partei!) Weil Couchepin einmal mehr die Nerven verlor. Der jüngste Ausrutscher nützte wiederum nur der SVP . Blocher - gefragt, was er zur Kollegenschelte (Ducevergleich) meine - konnte souverän kontern : "Ich urteile nicht öffentlich über meine Kollegen. Ich halte mich ans Kollegialitätsprinzip." Die FDP verpasste es, sich als staatsgründende Partei zu profilieren. Couchepins Intervention hat bestimmt viele FDP Wähler verärgert, obwohl sich Couchepin nachträglich damit zu rechtfertigen versuchte, er habe nur die FDP Wähler aufrütteln wollen. Das jüngste Wahlbarometer macht deutlich, dass die SVP mit ihrer Kampagne zwar die eigene Wählerschaft mobilisieren, aber auch zum Teil abschrecken wird. Alle anderen Parteien müssen sich jedoch zwangsläufig immer wieder mit Christoph Blocher befassen. Sie sind ständig in der Blocher Falle. Auch nach dem innovativen Coup "Blocher -TV" diskutieren erstaunlicherweise alle Medien über die Interviews Blochers im Internet und in den Lokalfernsehstationen. Wieder kann Blocher seine Botschaften los werden. Die Gegner sind gezwungen zu reagieren. Fehr will diese aufseherregenden Auftritte anfechten: Es sei politische Propaganda. Würde jedoch jetzt offen gegen die Person Blocher gespeilt, wäre es gut denkbar, dass die Stimmbürger plötzlich bestätigt sehen könnten: Der Geheimplan hat doch existiert.
Die Gegner wären erneut in der Blocherfalle gefangen.
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