Pascale Bruderer - die nebulöse Sittenwächterin
Quelle: NZZ am Sonntag vom 8. Juli
Was unter Sexismus in der Werbung zu verstehen ist, kann Nationalrätin Pascale Bruderer zwar nicht genau sagen. Dennoch hat sie etwas gegen Sexismus in der Werbung. Leider sind ihre Vorstellungen recht nebulös, wenn sie zu erklären versucht, was sexistische Werbung ist.
Bruderer nahm Anstoss an einem Plakat des Kasino Baden, das eine bekleidete Frau zeigt, die auf einem Plastikdelphin im Glück schwelgt. Mit einer Klage an die Schweizerische Lauterkeitskommission brachte sie es fertig, dass das Plakat nachher ohne Frau publiziert wurde. Seit März steht die Sittenwächterin der Lauterkeitskommission als Präsidentin vor. Sie verschärfte sofort die Grundsätze. Die neuen Bestimmungen sind immer noch nebulös. So liegt eine sexistische Beeinträchtigung nicht nur dann vor, "wenn zwischen der das Geschlecht verkörpernden Person und dem beworbenen Produkt kein Zusammenhang besteht". Sondern schon im Fall einer
"unangemessenen Darstellung von Sexualität".
Für die Kommission muss diese vage Formulierung vielleicht auch zu diffus geklungen haben. In einem Communiqué hakt Bruderer jedenfalls etwas unbeholfen nach:
"...wenn die Darstellung als solche unwürdig ist".
Damit ist alles offen. Wo endet die Würde? Bei dieser offenen Formulierung kommt das persönliche Moralempfinden ins Spiel und damit ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Pascale Bruderer meidet im Gespräch mit NZZ am Sonntag konkrete Beispiele. Sie meint unverbindlich: "Ueber jeden Fall wird diskutiert und abgewogen." Aus Bruderers Sicht entscheidet die Kommission demokratisch. Man sei nicht prüde. Dann fügte die Sittenwächterin noch bei: " Eine sexualisierte Darstellung muss nicht sexistisch sein".
Somit ist immer noch unklar, worin der konkrete Unterschied besteht.
Erstaunlich, dass die Zürcher Fachstelle für Gleichstellung viel grosszügiger ist und eine Werbung, bei der eine Frau auf den nackten Männerhintern blickt, nichts sexistisches entdeckte. Dann aber - bei der verkehrten Rolle -, wenn der Mann aktiv ist und die Frau passiv, so wird wird die Darstellung auch bei dieser Fachstelle auch verbotswürdig.
Es wird mit zwei Ellen gemessen.
Die neuen vagen Grundsätze der Lauterkeitskommission klingen wie Ausläufer spätfeministischer Kritik. Sie erinnern an die unbegreiflichen Bestimmungen in gewissen Universitäten in den Vereinigten Staaten. Dort konnte eine Studentin bestimmen, was sexistisch ist. Ich kenne Professoren, die wagten es nicht mehr, Frauen länger anzuschauen. Denn jede Studentin konnte den Professor einklagen und ohne Zeugen behaupten, sie sei sexistisch angeschaut worden. Es bedurfte keinerlei Abklärungen. Der Professor wurde verwarnt.
Ausschlaggebend ist stets nur das Empfinden der Frau. Dass eine derartige Regelung zu Auswüchsen führen musste, ist verständlich.
Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass die Lauterkeitskommission heute mehr Klagen behandeln muss als früher. Bruderer möchte sogar, dass die "Sünder" künftig an den Pranger gestellt werden.
Kommentar:
Ich befürworte bei der Werbung ebenfalls ethische Richtlinien. Doch bedarf es konkreter Kriterien. Nebulöse Richtlinien tragen nichts zu einer Klärung bei.
Was mich bei den Bestimmungen der Schweiz. Lauterkeitskommission stört - die Pascale Bruderer präsidiert - fasse ich zusammen:
- Die Formulierungen sind nebulös. Es fehlen konkrete Massstäbe und Definitionen
- Die Handhabe ist einseitig
- Die Beurteilung ist willkürlich. Das subjektive Empfinden der Frau genügt, um ein Verbot auszusprechen
Uebrigens: Ich habe diese Thematik unter www.rhetorik.ch im AKTUELL Beitrag vom 3.11.06 - "Wann ist Werbung sexistisch" - bereits eingehend beleuchtet.
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