Donnerstag, 30. November 2006

Gewalt fängt bei der Sprache an

Immer mehr Eltern und Klassenlehrer merken allmählich, dass sich Sprache und Verhalten gegenseitig beeinflussen. Die Sprache prägt sogar das Befinden und die Einstellung , (Autogenes Training, Hypnose). Umgekehr wird ein Mensch, der religiös ist, behutsamer mit Kraftausdrücken umgehen. Die Einstellung prägt nämlich die Sprache! Es wurde erkannt, dass in einer Klasse, bei der erniederigende Ausdrücke- beispielsweise dem andern Geschlecht gegenüber - nicht toleriert wurden, die Jugendlichen nachher miteinander viel respektvoller umgehen sind. Viele Erzieher glaubten vor Jahren, erniedrigende Worte müssen einfach überhört werden. Mit der billigen Begründung, es sei ja nicht so gemeint, wie es wortwörtlich gesagt wurde. Dies ist aber ein gravierender Fehler. Feministinnen haben längst erkannt, dass die Sprache ernst genommen werden muss. Auch beim Rassismus wird heute versucht, über die Sprache, die Einstellungen zu beeinflussen. Gewisse Begriffe dürfen im Alltag garnicht mehr gesagt werden (z.B. Neger). Eine Mutter, die sich beschimpfen lässt, muss sich deshalb nicht wundern, wenn sie später auch noch geschlagen wird. Ich kenne eine Lehrerin, die arbeitete mit Regeln, die sie im Zimmer auf Zetteln notiert hatte z.B.:

"Wir hören dem anderen zu und lassen ihn ausreden!"

Ein Lehrer brachte es auf den Punkt. Er sagte mir in einem Seminar: "Der erste Schritt ist meist verbale Gewalt". Wir alle wissen, wie schnell wir uns ärgern können. Schimpfwörter liegen so leicht auf der Zunge (Missgeburt, schwule Sau usw.) Aus verbalen Attacken können jedoch sehr schnell Prügeleien entstehen. Alle - auch Kinder - müssten deshalb lernen, "Entschuldigung" zu sagen. Als Regel gilt:

Wenn jemand etwas sieht und hört, so muss sofort eingegriffen werden. Wegschauen ist sträflich

Wer mit Kindern arbeitet, muss das gegenseitige Vertrauen tagtäglich neu erarbeiten. Respekt kann nur mühsam erworben werden. Der Aufwand macht sich aber bezahlt! Ein Kind müsste sich auch sofort äusseren, wenn etwas genug ist: "Stopp- hör sofort auf!" Wird jemand beschimpft wird, sind alle - die ganze Klasse und die Lehrperson - zuständig. Ich habe Familien und Klassen erlebt, da schauten alle konsequent weg. Verbale Gewalt wurde überhört. Die Folgen sehen wir tagtäglich: Verbale Gewalt wird zur Gewohnheit und die Gewalt eskaliert rasch. Das Rad kann dann nicht mehr zurückgedreht werden - höchstens mit grösstem Aufwand oder harten Strafen. Rechtzeitige Einflussnahme wäre einfacher . Folgende Selbstschutzbehauptungen (Ausreden) sind immer wieder zu hören:

"Es war ja gar nicht so gemeint." "Das grobe Reden gehört zur normalen Auseinandersetzung im Pubertätsalter." "Ich greife dann schon ein, wenn er noch schlimmer wird." "Wir sollten grosszügiger sein". "Wir haben ja auch so geredet."

Genau das ist jedoch eine falsche Haltung. Wir sollten sofort - am Anfang - eingreifen, bevor verbale Gewalt zur Gewohnheit wird. Wer freundlich und konsequent erzieht, braucht viel weniger Nerven und kann letztlich in einem vernünftgen Arbeitsklima unterrichten. Er wird nicht ständig am eigentlichen Tun gestört. Nur dank Kooperation und Einflussnahme aller Beteiligten, lässt sich Gewalt eindämmen - nämlich indem wir unsere Sprache beachten! Worte sind ernst zu nehmen

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