Muss sich die Schweiz erpressen lassen?
Bundesrat Cassis hat den Resetknopf gefunden. Die Verhandlungen werden vertagt.
20 Minuten zeigt, wo die EU die Schweiz Zugeständnisse seitens der Schweiz erzwingen will:
Hiesige Gewerkschaften und Linke lehnen jegliche Zugeständnisse beim
Schutz der Schweizer Löhne ab. Das Rahmenabkommen verlangt aber, dass
die Schweiz das relevante EU-Recht im Bereich der Entsendung von
Arbeitskräften innert dreier Jahren übernimmt. Unter Berücksichtigung
der Besonderheiten des Schweizer Arbeitsmarktes gesteht Brüssel der
Schweiz einige Ausnahmen zu. So müssten sich Firmen aus der EU, die
Aufträge in der Schweiz ausführen, weiterhin vorgängig bei den Behörden
anmelden. Allerdings würde die Anmeldefrist von heute acht Tagen auf
vier Tage gekürzt. Damit wird die rote Linie des Schweizerischen
Gewerkschaftsbundes überschritten.
Uneinig sind sich Bern und Brüssel, ob mit dem Rahmenvertrag die
Unionsbürgerrichtlinie übernommen werden müsste. Sie brächte einen
Ausbau der Sozialhilfeansprüche für EU-Bürger, eine Ausweitung des
Ausweisungsschutzes für Kriminelle sowie ein Daueraufenthaltsrecht nach
fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz. Im Streitfall entscheidet das
Schiedsgericht (siehe unten) über die Übernahme. Verliert die, müsste
sie die Richtlinie übernehmen. Sollte sich die Schweiz dem verweigern,
könnte die EU «verhältnismässige» Ausgleichsmassnahmen – sprich
Sanktionen – beschliessen. Auch könnten die vielen Grenzgänger künftig
Arbeitslosengeld aus der Schweiz bekommen. Heute ist das Wohnsitzland
dafür zuständig.
Allfällige Vertragsstreitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU
sollen von einem Schiedsgericht behandelt werden. Dieses besteht aus je
der gleichen Anzahl Schweizer und EU-Schiedsrichter. Betrifft der
Streitpunkt eine Frage der Auslegung oder Anwendung von EU-Recht,
entscheidet schlussendlich der Europäische Gerichtshof – also jene
«fremden Richter», die die SVP ablehnt.Weil die EU nicht mehr
bereit ist, weiterzuverhandeln, will der Bundesrat nun zunächst ein
Kosultationsverfahren im Inland starten. Ein Abbruch der Verhandlungen
ist laut dem Bundesrat keine Option, da die EU unter anderem die
Schweizer Börsenregulierung dann nicht als gleichwertig anerkennen würde
und die Schweiz nicht mehr am EU-Forschungsprogramm an 2021 teilnehmen
könnte.