Marcus Knill wird von Camilla Alabor, Tagesanzeiger befragt:
Wenn jemand etwas falsch gemacht hat, reicht es normalerweise, wenn sich die Person entschuldigt - sofern die Entschuldigung ehrlich gemeint ist. Mein Eindruck ist, dass das bei Fricker der Fall war.
Warum hat das trotzdem nicht gereicht?
“Die Parteileitung der Grünen Druck auf Fricker aufgebaut, bis er nicht mehr anders konnte, als zurückzutreten. Sie hatten wohl Angst davor, dass sich die Affäre in die Länge zieht und man dann von den Grünen redet, die braun sind. Doch ist es sehr unschön, wie die Parteileitung reagiert hat. Sie haben Fricker fallen gelassen wie eine heisse Kartoffel. Das ist eine Überreaktion, ein Einknicken aus lauter Angst vor einem weitergehenden Medien-Skandal.
Das Paradoxe daran: Dieser vorauseilende Gehorsam wirft nicht gerade ein gutes Licht auf die Grünen. Ich kann mir vorstellen, dass das auch intern für Kritik sorgt, wenn man die eigenen Parteimitglieder so schnell absägt. Es passt auch nicht ganz zu den Werten der Grünen, die sich ja gerade als menschenfreundlich geben.”
Aber musste Fricker nicht gerade deswegen zurücktreten, weil sonst die Grünen als Partei der humanitären Werte an Glaubwürdigkeit verloren hätte?
“Dieses Argument hat ja niemand gebracht.”
Warum überleben gewisse Politiker Fehltritte oder problematische Aussagen, während Fricker über einen einzigen Satz so gestolpert ist, dass er seine Karriere als Politiker beenden musste?
“Das lässt sich schwer verallgemeinern. Frickers Nachteil war wohl, dass er ein ehrlicher, emotionaler Typ ist. Andere, die sich in Krisensituationen besser verkaufen und ein Pokerface aufsetzen, haben es da einfacher. Dann ist es auch eine Frage der Machtposition: Jemand wie Christoph Blocher kann auch mal lügen, ohne dass das Konsequenzen hat. Ein Nationalrats-Neuling wie Fricker steht dagegen schneller auf der Abschussliste.”
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Nachtrag NZZ:
Mark Eisenegger findet ebenfalls, die Grünen hätten überreagiert.
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