«Ehe für alle ist Ehe für keinen»
Sollen auch homosexuelle Paara heiraten dürfen? Gegner der «Ehe
für alle» gibt es, äussern wollen sich nur wenige. In einem offenen
Brief erklärt der Churer Bistumssprecher nun seine Ablehnung.
(Quelle Blick-online)
Letzte Woche stimmte der Deutsche Bundestag für die Einführung der Ehe für alle. Also dafür, dass auch homosexuelle Paare heiraten dürfen. In der Schweiz wurde diese Gesetzesänderung mehrheitlich positiv aufgenommen. Kein einziger Zeitungskommentator warnte vor dem Schritt. Im Gegenteil, man war sich einig, dass jetzt auch die Schweiz vorwärtsmachen soll. Dabei gibt es durchaus Gegner der Homoehe. Aber sie murmeln ihre Opposition in den Bart. Wagt sich einer deutsch und deutlich vor, gerät er prompt in einen Shitstorm. So erging es dem Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas (36) dieser Tage. Candinas ist natürlich nicht allein, wie sich im Parlament kürzlich zeigte. 71 Nationalräte wollten einen Vorstoss der Grünliberalen, der die Ehe für alle auch in der Schweiz fordert, definitiv versenken. Die Gegner der Ehe für alle stammen vor allem aus den Reihen von SVP und CVP. Sie verloren.Und öffentlich äussern wollen sich nur wenige von ihnen. Den streitbaren Sprecher des Bistums Chur, Giuseppe Gracia (49), hat der Zeitgeist jedoch noch nie davon abgehalten, dezidiert seine Meinung zu sagen. Er hält die Ehe für alle für den falschen Weg. Und fordert endlich eine offene Debatte darüber.
Ein offener Brief von Giuseppe Gracia, Sprecher des Bistums Chur
«Nach Deutschland könnte auch die Schweiz die «Ehe für alle» einführen. Das standesamtliche Jawort stünde dann allen offen, die sich ganz doll lieben. Wobei ich mich frage, ob die auf Dauer angelegte Ehe für ein progressives Volk wie das unsere nicht ein Auslaufmodell ist. Wären flexible Patchwork-Modelle nicht besser, Lebensabschnitts-Partnerschaften mit niederschwelliger Kündigungsklausel? Immerhin ist die traditionelle Ehe die Hauptursache aller Scheidungen.Was den Staat betrifft, so hat er die Ehe bisher nicht deswegen privilegiert, weil Mann und Frau sich ganz doll lieben, sondern weil sie oft für Nachkommenschaft sorgen. Das Heranwachsen künftiger Steuerzahler, Arbeitnehmer und Konsumenten in stabilen Verhältnissen ist für den Staat von Interesse. Dieses Heranwachsen zu fördern, scheint mir nicht unvernünftig. Aber wer bin ich zu urteilen, wenn der Staat nun alle möglichen Formen des Zusammenlebens privilegiert? Gesetze dürfen auch dann verändert werden, wenn dadurch die Regeneration der Gesellschaft keine besondere Förderung mehr erfährt. Der Staat darf auch Selbstmord in Zeitlupe begehen, wenn es demokratisch geschieht. Frei nach Oscar Wilde ist Demokratie schliesslich die Garantie dafür, dass das Volk tatsächlich das bekommt, was es verdient.
Bleibt nur die Frage, was der Staat noch gegen die Polygamie vorbringen kann. Wenn es tatsächlich so ist, dass in Zukunft die «Ehe für alle» gilt, dann auch für drei Männer oder einen Mann und drei Frauen. Auch sehr behaarte Männer mit der Befähigung, mehrere Ehefrauen zu pflegen und mit ihnen diverse Kinder zu zeugen, dürfen nicht länger diskriminiert werden. Und es darf ihnen, sollte die eine oder andere Gemahlin noch im Ausland weilen, der Familiennachzug nicht verwehrt werden. Da können wir nur hoffen, dass sich alle diese neuen Familien gut entwickeln. Dass sie sich gut integrieren und dem Staat mehr Einkünfte als Ausgaben bescheren. Und sollte das Ganze eines Tages doch aus dem Ruder laufen, können wir immer noch eine Initiative lancieren mit dem Ziel, die staatliche Ehe ganz abzuschaffen. «Ehe für niemanden». Immerhin wäre die Privatisierung aller Formen des Zusammenlebens ebenfalls gerecht, ja in Zeiten des Individualismus sogar noch moderner.»
Giuseppe Gracia ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur.
KOMMENTAR:
Die Reaktionen der Leser fallen erstaunlicherweise für Garcia noch recht positiv aus. Ein Leser schreibt:
"Ich bin kein gläubiger Mensch, aber was soll die Ehe für alle? So ein Blödsinn, ist meine Frau jetzt auch mein Mann oder bin ich auch die Frau meiner Frau? Wie kann ich unsere Beziehung in Zukunft nennen wenn ich möchte dass wir als Mann und Frau eine Gemeinschaft sind. Ehepaar geht ja nun nicht mehr?"
Oder:
"Die Natur hat männliche und weibliche Tiere geschaffen, damit diese sich fortpflanzen können. Wäre das nicht so, gäbe es keine Fauna auf der Erde".
Dann gibt es viele Echos, die der Kirche vorwerfen, sie solle zuerst vor der eigenen Türe wischen:
Ich finde es wertvoll, wenn duch das Schreiben Garcias die Thematik EHE wieder einmal gründlich überdacht wird.
Es ist unbestritten, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften rechtlich anerkannt werden sollten.
In der Schweiz wurden in dieser Hinsicht bereits einige Punkte wesentlich verbessert (Erbrecht, Besuchsrecht).
Anderseits hat sich nicht nur die Kirche, sondern auch der Staat verpflichtet, die Familien d.h. die Ehe - als Verbund zwischen Mann und Frau - zu schützen.
Garcia hat einen wunden Punkt angesprochen, wenn er sich gegen die absolute Gleichmacherei und Beliebigkeit wehrt.
Ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung in der Schweiz nicht bereit sein wird, den Unterschied zwischen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und offiziellen Ehen völlig aufzubrechen.
Diskriminierungen müssen - wie erwähnt - aufgehoben werden. Aber es darf ein Unterschied bestehen bleiben, zwischen einer Ehe, die Kinder zeugt und gleich geschlechtlichen Partnern.
Werfen wir zum Schluss einen Blick auf die Geschichte der EHE (Quelle Wikipedia):
Die Geschichte der Ehe
Ur- und Frühgeschichte
Über die Anfänge der „Ehe“ jenseits des Tier-Mensch-Übergangsfeldes ist empirisch nichts bekannt. Selbst ausdeutbare Grabfunde der Archäologie reichen bislang nicht so weit in der Menschheitsgeschichte zurück.Ältere Sozialevolutionisten gingen von einer gradlinigen Fortentwicklung der Paarbindungen unter Menschen aus: Zu Beginn der Menschheit wäre Promiskuität (mehr als ein Sexualpartner) üblich gewesen, die sich anschließend zur Gruppenehe und schließlich über die Vielehe zur Einehe (Monogamie) entwickelt hätte. Die Monogamie wurde als die kulturell am höchsten stehende Eheform betrachtet. Nach der Logik, die spätere Entwicklung stelle zwangsläufig eine „höhere“ Entwicklungsform dar, müsste der heutzutage angesichts der hohen Scheidungsrate häufige Wechsel von Ehepartnern ebenfalls als „höhere“ Form der Ehe betrachtet werden, im Vergleich zu der früheren Regelform einer lebenslangen Ehe. Die wenigsten der älteren Evolutionisten ziehen jedoch diese Konsequenz aus einer solchen teleologischen Logik. Neuere anthropologische Untersuchungen beispielsweise von Helen Fisher zeigen viele Gemeinsamkeiten und wiederkehrende Merkmale beim menschlichen Paarungsverhalten und bei Wahlverwandtschaften auf.[5] Christen, Juden und Muslime sehen den Anfang der Paarbindungen bei Adam und Eva als monogame Ehe.
Monogam lebende Völker scheinen in vorchristlicher Zeit wenig verbreitet gewesen zu sein (nach Tacitus’ Schriften waren die Germanen mit ihrer Einehe eine Ausnahme unter den Barbaren der Antike, wobei es aber auch eine „Dreierehe“ Polyandrie im germanischen Kulturkreis gab, die erst relativ spät von der katholischen Kirche abgeschafft wurde). Tatsächlich stellen auch heute strenge Monogamie praktizierende Gesellschaften eine Minderheit unter den menschlichen Kulturen dar. Es sind nur wenige Gesellschaften bekannt, in der Polygynie und Polyandrie gleichzeitig praktiziert wurden (siehe Gruppenehe und Pseudogruppenehe). Vor allem durch die Expansion monotheistischer Religionen, die erfolgreiche Ausbreitung christlicher Normen und Werte in Europa und der Welt, seit dem 15. Jahrhundert in Folge christlicher Missionierung wurde die Monogamie in vielen Regionen der Welt zur vorherrschenden Eheform. Doch war im alten Judentum die Monogamie kein Zwang.
Die Eheschließung war vermutlich vorrangig ein Friedens- und Bündnisvertrag zwischen Sippen und – mittels oft komplizierter Exogamie- und Endogamieregeln – ein Bindeglied zwischen Abstammungsgruppen (Lineages), Clans oder Phratrien. Sie galt seit der Antike auch als eine Vorbedingung für den Beginn einer Familie, die als Baustein einer Gemeinschaft und der Gesellschaft angesehen wurde. Damit diente die Installierung der Ehe nicht nur den Interessen zweier Einzelpersonen oder ihrer Kinder, sondern auch den Zwecken religiöser und weltlicher Eliten (bis in die Neuzeit hinein war beispielsweise im Hochadel die „Ehe zur linken Hand“ ohne Legitimität und Erbrecht der Kinder nach dem Vater möglich).
Römisches Reich
Mittelalter
Im Mittelalter waren in Westeuropa längst nicht alle Menschen in der Lage zu heiraten. Von dem jeweiligen Grund- oder Gutsbesitzer sowie von entsprechenden Stellen in der Stadt (Magistrat, Gilde, Zunft) wurde nur demjenigen die Ehe und Familiengründung gestattet, der auch eine Familie unterhalten konnte. Dadurch war mehr als die Hälfte der Bevölkerung von der Heirat ausgeschlossen. Wegen der damaligen vorherrschenden religiösen und ethischen Grundsätze bedeutete dies auch einen faktischen Ausschluss von der Möglichkeit, Kinder zu zeugen und eine Familie zu gründen.Die das öffentliche Leben weitgehend prägende Kirche hat erst im 12. Jahrhundert das Ehesakrament offiziell eingesetzt. Damit zementierte sie dieses als das „einzig richtige“ Verhältnis zwischen einem Mann und einer Frau in der aus heutiger Sicht ansonsten sehr freizügigen Sicht auf die Körperlichkeit. Das kirchliche Ideal, das eine auf Gott ausgerichtete Askese forderte und Geschlechtlichkeit ablehnte, war nicht durchsetzbar und hätte die Kirche auch langfristig in sich zerfallen lassen. Daraus ging die Ehe dann als das „kleinere Übel“ hervor.[7]
Neuzeit
Seit Beginn der Neuzeit befindet sich die Ehe in vielen Ländern in einem voranschreitenden Prozess der Säkularisierung und Verrechtlichung. Ideell behielt die christliche Kirche dort jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein einen großen Einfluss auf die Form des partnerschaftlichen Zusammenlebens. Die christliche Ehe sollte garantieren, dass Nachkommen gezeugt würden und in einem geschützten Raum aufwüchsen, und wies den Eltern dabei geschlechtergetrennte Aufgabenbereiche zu.[8] Das Eintreten in eine Ehe war für Frauen fast unumgänglich, da die meisten Familien nicht die finanzielle Möglichkeit hatten, um eine Frau in ihrer Ehelosigkeit zu unterhalten (etwa bei einem Klostereintritt). Für Männer stellte die Ehe aufgrund der fast kostenlosen Abnahme häuslicher Arbeit und Versorgung der gemeinsamen Nachkommen einen erstrebenswerten Zustand dar. Die Ehe entwickelte sich von einem mittelalterlichen Instrument dynastischer Vernetzung zu einer Wirtschaftsverbindung. Je nach sozialem Status der Eheleute wurden durch sie politische und wirtschaftliche Interessen verfolgt oder war sie unerlässlich für das Überleben beider Partner.[9] Bis in die jüngste Neuzeit war das Eingehen einer Ehe für beide Geschlechter auch geboten, da Wohnraum wegen des Kuppeleiverbots nicht gemietet werden konnte und Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe in der Regel als unsittlich und inakzeptabel galt.Für viele Frauen bedeutete die Eheschließung zugleich zwangsläufig einen Ausstieg aus ihrem Beruf. Bekanntestes Beispiel hierfür in Europa war das im deutschen Reich eingeführte Lehrerinnenzölibat, das 1919 abgeschafft und vier Jahre später in abgewandelter Form – als bis 1951 in der Bundesrepublik Deutschland für Beamtinnen geltende Personalabbauverordnung – wiedereingeführt wurde.[10] Des Weiteren wurden in den Jahren 1965 bis 1980 Frauen nach der Ordination der evangelischen Kirche Österreichs bei Eheschließung automatisch entlassen.[11] Auch außerhalb Europas kannte man eine derartige Praxis; bis 1999 durften Firmen in Japan ihren weiblichen Angestellten bei ihrer Heirat das Ausscheiden aus dem Berufsleben nahelegen.[12]
Die im Vergleich zum Mittelalter liberalere sexuelle Praxis in der Kultur der westlichen Neuzeit sowie die verhältnismäßige Einfachheit einer Scheidung innerhalb des gleichen nationalen Rechtssystems und Wiederverheiratung haben während des 20. Jahrhunderts zu einem Anstieg der sogenannten seriellen Monogamie geführt.
Ehevertrag
Um die Bedingungen der Ehe zu regeln, bieten die jeweiligen Rechtssysteme teilweise Wahlmöglichkeiten und einen Ehevertrag, dessen Wirkung jedoch an die rechtlichen Grenzen gebunden ist. Damit werden z. B. Näheres zur Schlüsselgewalt und dem Nadelgeld der Frau oder aber die Vereinbarungen der Ehepartner bezüglich der Konsequenzen einer Scheidung geregelt.In Deutschland ist in § 1408 BGB ein Rahmen vorgegeben, jedoch besteht keine Pflicht zum Abschluss eines Ehevertrages. Es können auch Teilbereiche im Vertrag geregelt werden. Im deutschen Rechtssystem können Eheverträge Regelungen zu folgenden Themen enthalten:
Gleichgeschlechtliche Ehe
In den folgenden Ländern können auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen (Stand: April 2016): Niederlande, Belgien, Kanada, Kolumbien, Südafrika, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal, Island, Argentinien, Brasilien, Dänemark (inklusive Grönland), Frankreich, Uruguay, Neuseeland, Luxemburg, Irland, Finnland (ab 2017), in allen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten, in den US-Territorien Guam und Puerto Rico sowie in Mexiko-Stadt und dem mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo; im Vereinigten Königreich ist diese Ehe in England, Wales und Schottland legal. Die Anerkennung solcher Ehen ist jedoch meist auf diese Länder und Territorien beschränkt; in ausländischen Staaten, die lediglich die „eingetragene Partnerschaft“ kennen, werden sie als solche anerkannt. Israel und Mexiko hingegen akzeptieren sämtliche im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen als gültig.In Deutschland[13] und Österreich[14] gibt es auch gleichgeschlechtliche Ehen; diese wurden allerdings von Partnern unterschiedlichen Geschlechts eingegangen und sind erst durch einen personenstandsrechtlichen Geschlechtswechsel im Rahmen des Transsexuellengesetzes gleichgeschlechtlich geworden.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es die eingetragene Lebenspartnerschaft als Entsprechung zur Ehe (siehe Eingetragene Partnerschaften in einigen europäischen Ländern). Ihre Wirkung ist jedoch eingeschränkt. So gelten beispielsweise die gleichen Regelungen zur Rente, die gleichen Rechte im Sozial- und Arbeitsrecht, die gleiche einkommens- und erbschaftssteuerliche Behandlung wie in der Ehe, aber es gibt kein gemeinsames gleichzeitiges Adoptionsrecht nichtleiblicher Kinder für Lebenspartner. Auch ist in Deutschland gemäß dem Lebenspartnerschaftsgesetz § 12 Unterhalt bei Getrenntleben der Versorgungsanspruch nach Auflösung der Lebenspartnerschaft der Ehe gleichgestellt. Unter dem Schlagwort „Ehe für alle“ wird politisch für die gleichgeschlechtliche Ehe geworben.
Ehe und Religion
Viele Religionsgemeinschaften kennen umfangreiche Regeln für die Ehe, wobei sowohl das Zusammenleben zwischen den Partnern als auch die Rechte und Pflichten innerhalb der Ehe als Fortpflanzungsgemeinschaft beschrieben sind.Judentum
Aus dem Alten Testament gilt die Erzählung von der Schaffung der Frau aus der Rippe Adams als Grundlage für das Verständnis der Ehe: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.“ (Gen 2,24 EU) Immer wieder wird auch von polygamen Ehen berichtet, und die Könige Israels hatten nicht selten viele Frauen und Nebenfrauen (2. Samuel 5,13). Die Eifersucht und Rivalität in der polygamen Ehe wird im Leben Jakobs – einem der Stammväter Israels – in 1. Mose 30,1-23 beschrieben. Nach dem Sündenfall im Paradies hatte Gott den Mann als Haupt über die Frau gesetzt, so dass in der „biblischen Hierarchie“ die Frau ihrem Mann untersteht. Von daher gibt es viele Gemeinsamkeiten im Verständnis von Ehe zwischen Christen und Juden.Orthodoxe Juden glauben, dass ein Mann die Aufgabe hat, seine zweite Hälfte, also die Frau zu finden. Das Reformjudentum glaubt hingegen, dass es nicht allein die Aufgabe des Mannes sei, eine Frau zu finden, sondern auch umgekehrt. Für beide ist die Eheschließung eine große Mitzwa und wird als eine der größten und wichtigsten Lebensentscheidungen für beide Partner betrachtet. Der Grundsatz „Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat“ gilt für viele Männer jüdischen Glaubens bei der Partnerwahl zum Zwecke der Familiengründung als Richtschnur.[15]
Christentum
In der römisch-katholischen Kirche gehört die Ehe zu den Sakramenten. Grundsätzlich ist die gültig geschlossene Ehe unauflöslich. Das Kirchenrecht der katholischen Kirche benennt Gründe, die das Zustandekommen einer gültigen Eheverbindung verhindern können und daher gegebenenfalls ein Ehenichtigkeitsverfahren erlauben. Die protestantischen und die Ostkirchen akzeptieren die Ehescheidung hingegen, siehe Scheidung#Die Position in den Religionen.
In der 24. Sitzung entschied das Konzil von Trient (Ende 1563) per Dekret,[16] die durch die gegenseitige Sakramentenspendung zweier Partner zustande gekommene Ehe nur noch anzuerkennen, wenn ihre Existenz und Freiwilligkeit vor einem Priester und Zeugen öffentlich gemacht würden.
Nach evangelischem Verständnis ist die Ehe nicht religiös begründet, sondern stellt eine weltliche Angelegenheit dar. Die Trauung wird als Segnungsfeier betrachtet.
In der Altkatholischen Kirche wird die Ehe als ein Sakrament verstanden, jedoch ist in ihr, im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche, eine kirchliche Trauung von Geschiedenen möglich.[17]
Islam
Nach islamischem Verständnis sind die intimen Lebensbereiche von heiratsfähigen Frauen und Männern grundsätzlich getrennt und werden nur durch die Ehe legitim aufgehoben. Gemäß der Lehre des Korans helfe die Ehe unter anderem zur geistigen Vervollkommnung.Nach dem klassischen islamischen Recht wird die Frau bei der Eheschließung durch einen Ehevormund, den sogenannten Walī, vertreten. Das Gleiche gilt für den nicht geschäftsfähigen Mann. Grundsätzlich ist Vormund der nächstverwandte Mann in ab- und aufsteigender Linie. Ohne Vormund kommt nach Lehre der Schafiiten, Malikiten, Hanbaliten und Ismailiten die Ehe nicht zustande. Hanafiten und Zwölfer-Schiiten halten dagegen bei volljährigen Frauen einen Ehevormund für verzichtbar. Das Einverständnis beider Ehewilligen ist grundsätzlich erforderlich, unter bestimmten Voraussetzungen hat der Vormund jedoch als Walī mudschbir das Recht, Mädchen oder Knaben in die Ehe zu zwingen. Die sunnitischen Rechtsschulen verlangen für die Eheschließung außerdem zwei Zeugen. Die Vereinbarung einer Brautgabe (mahr, ṣadāq) durch den Ehemann an die Braut ist nicht zwingend, aber üblich. Wird nichts vereinbart, so ist die „übliche Brautgabe“ (mahr al-miṯl) zu entrichten.[18]
Daneben gibt es eine der standesamtlichen Eheschließung vergleichbare Zeremonie zur wirtschaftlichen Absicherung der Ehefrau: den Ehevertrag. Eine Hochzeitsfeier oder Zeremonie ist nicht zwingend erforderlich, jedoch wird sie nach der Lehre vom Propheten Mohammed zum Zwecke der Öffentlichmachung und Bekanntmachung der Ehe empfohlen.
Die Einehe gilt als bevorzugt. Die Heirat mehrerer Personen ist an strenge Bedingungen geknüpft und nur dem Mann erlaubt. So muss jede Ehefrau sowohl einen eigenen Haushalt zur Verfügung gestellt bekommen als auch finanzielle Mittel, über die sie frei verfügen kann. Generell ist der Ehemann verpflichtet, sowohl für die Gleichberechtigung als auch für die Gleichbehandlung all seiner Ehefrauen zu sorgen, was oft sehr schwer ist. Zudem sind Muslime generell verpflichtet, sich an die geltenden Gesetze des Landes, in dem sie leben, zu halten, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Islams stehen.
Eine Scheidung ist nach den Regeln des Korans zwar möglich, gilt aber in vielen islamisch geprägten Ländern als verwerflich. Es ist traditionell zwar einem Muslim gestattet, eine Jüdin oder eine Christin zu ehelichen, eine Muslima darf aber in keinem Fall einen Nichtmuslim heiraten.
Buddhismus
Im Buddhismus wird die Ehe weder gestärkt, noch wird davon abgeraten. Es wird jedoch gelehrt, wie man eine glückliche Ehe verbringen kann.Hinduismus
Der Hinduismus sieht in der Ehe eine heilige Aufgabe, die religiöse und soziale Verpflichtungen zur Folge hat. Das Paar schließt den ehelichen Bund indem es, durch verknotete Tücher verbunden, siebenmal um das heilige Feuer herumgeht. Während die Mythologie auch die Vielehe kennt, ist heute die Einehe das Ideal. Sie gilt als Samskara, als hinduistisches Sakrament.Bahaitum
Die Ehe genießt im Bahaitum einen hohen Stellenwert.[19] Eine gute Ehe gilt als „Festung für Wohlergehen und Erlösung“.[20] Die Ehe wird als „sowohl … leibliche als auch … geistige Verbindung“[21] betrachtet, sodass die Ehepartner „Mann und Frau leiblich und geistig eins sein sollen“ und „sich einander ständig in ihrem geistigen Leben vervollkommnen“.[22] Die Beziehung zwischen den Ehepartnern ist physischer sowie psychischer als auch geistiger Natur und besteht in der irdischen sowie in der nächsten, geistigen Welt. Mann und Frau sind also im Diesseits wie auch im Jenseits zusammen.[23] Zugleich gilt die Ehe als göttlich gestifteter Grundstein der menschlichen Gesellschaft, da sie sowohl deren kleinster Bestandteil ist als auch Kinder hervorbringt, die dem Wohle der Menschheit und Gott dienen. Dabei bekommt den Eltern eine hohe ethische Pflicht zu für die Erziehung, Bildung und Ausbildung ihrer Kinder zu sorgen.Ehebedingungen im Bahaitum sind der nach sorgfältiger Prüfung erlangte Konsens der beiden zukünftigen Ehepartner, die Volljährigkeit beider Ehepartner, die Zustimmung der leiblichen Eltern[24] und das Fehlen einer bereits geschlossenen Ehe.[25] Alle Formen der Zwangsehe, der Kuppelei, der Scheinehe und des Ehebetrugs sind verboten. Das Bahaitum ist strikt monogam, was sowohl alle Formen der Polygamie und des Konkubinats ausschließt wie auch sonstige außereheliche oder voreheliche Sexualkontakte. Vor der Konversion zum Baha’itum legal geschlossene polygame Ehen[26] müssen jedoch nicht aufgelöst worden.
Die Zeremonie der Eheschließung erfolgt durch das gemeinsame Aussprechen des Verses „Wahrlich, wir wollen uns alle an Gottes Willen halten.“[27] der beiden zukünftigen Ehepartner vor mindestens zwei Zeugen.
Wird in einem Land eine Bahai-Hochzeit nicht als rechtlich binden anerkannt,[28] so ist eine zusätzliche zivile Eheschließung verpflichtend. Die Teilnahme an den Hochzeitszeremonien anderer Religionsgemeinschaften ist Bahai erlaubt, solange dies nicht als Konversion gewertet wird oder aber mit einem Bruch der Gebote des Bahai-Ethik einhergeht.[29] Die Ehe mit Andersgläubigen ist ohne Probleme möglich, wenn auch der Bahai-Ritus durchgeführt wird und das Recht auf Religionsfreiheit und religiöse Erziehung innerhalb der Ehe gesichert ist. Ehen zwischen Angehörigen verschiedener kultureller und ethnischer Hintergründe sind ausdrücklich erwünscht und werden als Zeichen der Einheit der Menschheit gesehen.
Die Institutionen des Bahaitums sollen den zukünftigen Ehepartnern bei der Organisation der Bahai-Trauung beratend zur Seite stehen und überprüfen die Einhaltung der Ehebedingungen.