Geiz ist nicht immer geil
Die Sparwut kann auch kontraproduktiv sein.
Sparen ist eine Kunstform: Sie verlangt Einfallsreichtum,
Durchsetzungskraft und Grausamkeit. Nur wenige Menschen erreichen darin
höchste Meisterschaft, wie etwa der verstorbene Aldi-Gründer Karl
Albrecht (18 Milliarden Euro Vermögen), der immer als Erstes das Licht
löschte, wenn er einen Raum betrat.
So weit ist der
Kanton Zürich (noch) nicht. Auch wenn die gerade beschlossenen
Sparmassnahmen viele schmerzen; es könnte noch viel härter kommen. Das
zeigt folgende Übersicht über Spitzenleistungen im Sparen.
Ich zitiere Tagi-online:
Quetschen über den Wolken
Unter
den Fluggesellschaften gilt die irische Ryanair (auch der «Walmart der
Lüfte» genannt) als Königin des Sparens, nur mit dem absoluten Geizgehör
drückt man die Preise auf 15 Franken pro Flug. Ryanair-Chef Michael
O’Leary verkündet seine Sparvisionen gerne öffentlich. Da in der Luft
jedes Gramm zählt, verringert Ryanair Gewicht, wo es nur geht.
Das
Bord-Magazin besteht aus dünnem Papier, in die Getränke kommt kaum Eis,
Flight-Attendants werden belohnt, wenn sie abnehmen. Dicke Passagiere
sollen im Gegensatz einen Aufpreis bezahlen müssen («fat tax»). Ryanair
prüft zudem, zwei von drei Toiletten pro Flugzeug zu entfernen, für die
Benutzung der letzten muss man bezahlen. Co-Piloten bezeichnete O’Leary
als überflüssig, und die Passagiere sollen alle ihre Koffer selber
verladen. Der grösste Traum des CEO wäre aber, alle Sitze
herauszureissen und die Passagiere aufrecht ins Flugzeug zu reihen – was
die Kapazität locker verdoppeln würde. Um nicht umzukippen, könnten
sich die Stehflieger an Stangen halten und mit Riemen anschnallen. (bat)
Es hätte sich gelohnt
Die
Quaibrücke ist das engste Nadelöhr des Zürcher Trambetriebs. Fünf
Linien zwängen sich dort durch und stauen sich hintereinander. Das ist
schon sehr, sehr lange so, und ein Ende ist nicht abzusehen. Denn die
Brücke hat nur zwei Tramgleise, als ob es sich um eine x-beliebige
Strecke handelte. Vor etwa 30 Jahren wollte die Stadt die Not mit einem
dritten Tramgleis lindern. Doch der Gemeinderat wollte sparen und lehnte
das Projekt ab. Es war ein Akt der Kurzsichtigkeit, der den Akteuren
das Gefühl vermittelte, sie seien kluge Finanzpolitiker. Doch haben sie
letztlich nur 30 Jahre Verzweiflung bei unzähligen Trampassagieren
erzeugt und ein Vielfaches von Ausgaben, denn eines Tages muss das
dritte oder vierte Gleis auf der Quaibrücke kommen. Und dieses wird dann
sehr, sehr viel teurer werden als das damals abgelehnte. (jr)
Verdünnung des WC-Papiers
Viele
Firmen setzen beim Sparen auf die Räppler-Methode in der Hoffnung,
viele Minikürzungen zu einem Gewinn anzuhäufen. Zum gängigen Repertoire
gehören das Streichen von Mitarbeiteranlässen und Firmenfesten, das
Erhöhen der Kaffeepreise, das Schliessen der Kantine, Einschränkungen
beim Kopieren und Drucken sowie die Verknappung von Büromaterial.
Fortgeschrittenere Firmen befehlen ihren Angestellten, Skype zu nutzen
statt der normalen Telefone. In die düsteren Toiletten hängen sie
«Dunkel ist sexy»-Schilder, was dazu passt, dass die Räume nur noch
zweimal pro Woche geputzt werden und das dünnste, billigste WC-Papier
aufliegt. In manchen amerikanischen Firmen müssen Angestellte gar ihren
Abfall eigenhändig zum Container tragen.
Das alles bewirkt laut
Studien oft das Gegenteil. Denn das Personal fühlt sich schikaniert. Als
Trotzreaktion stehlen Angestellte mehr Büromaterial, arbeiten weniger
lange und lassen sich öfters krankschreiben. Das kostet Firmen deutlich
mehr, als sie herausholen. (bat)
Schwarmsparen
Effizienter
scheint es, auf den Geiz der Angestellten zu setzen. So fordert ein
amerikanisches Spital seine Angestellten dazu auf, selber Kürzungen
vorzuschlagen. Wird eine Empfehlung erfolgreich umgesetzt, werden die
Angestellten am herausgesparten Gewinn beteiligt. Das Modell gilt als
Grosserfolg. Man lerne: Menschen sparen gern, solange für sie etwas
abfällt. (bat)
Rauchen gefährdet Ihr Budget
Einige
amerikanische Firmen stellen keine Raucher mehr an. Denn ein rauchender
Mitarbeiter soll pro Jahr 3391 Dollar mehr kosten als ein abstinenter.
Raucher machen mehr Pausen und müssen öfter zum Arzt. Wie sich
Schokoladenkonsum auf die Produktivität auswirkt, ist noch nicht
erforscht. (bat)
Lernen von den Grosseltern
Im
Internet wimmelt es von Tricks, wie sich das Leben noch ein paar Rappen
günstiger bewältigen lässt. Viele davon kannten schon unsere
Grosseltern, was die Wirksamkeit solcher Klassiker aber überhaupt nicht
beeinträchtigt:
• Nur einmal duschen pro Woche, an den restlichen
Tagen reicht die Katzenwäsche mit dem Waschlappen. Und statt Duschgel
tuts auch Kernseife.
• Die Zahl der WC-Besuche verringern (spart Wasser und Toilettenpapier).
•
Bis das Wasser warm aus der Dusche kommt, dieses in einem Eimer
auffangen und zum Blumengiessen oder Toilettenspülen brauchen.
•
Wände rot oder orange streichen, das erhöht die gefühlte
Zimmertemperatur. Dazu Vorhänge ziehen, die Läden hinunterdrehen und
sich warm ankleiden – schon muss man kaum mehr heizen.
• Teebeutel mehrmals brauchen.
• Alte Handtücher oder Bettlaken zerschneiden, das gibt beste Putzlappen.
• Zerrissene Damenstrümpfe als Kaffeefilter einsetzen.
• Kaputte Filzstifte lassen sich mit einem kurzen Essigbad reparieren
.
• Regenschirme mit Haarspray fixieren, so halten sie länger. (bat)
Übers Ziel hinaus
Gegen
harte Sparforderungen wehrt man sich am besten, indem man ihre radikale
Umsetzung androht. Diese Taktik wandte der Zürcher Regierungsrat 2003
an, als er skizzierte, was alles nötig sein werde, um die Wünsche der SVP
zu erfüllen: das Opernhaus schliessen, Wirtschafts-, Drogen- und
Gewaltdelikte nicht mehr verfolgen, die Gefängnisse leeren oder stark
überbelegen, die Uni halbieren, die S-Bahn ab 20 Uhr einstellen, auf die
Glatttalbahn verzichten, keine Strassen mehr bauen. Der Aufschrei war
riesig, die folgenden Sparmassnahmen blieben bescheiden. (bat)
Zahlen fürs Bestraftwerden
Die
Schwester des Sparens ist das Einkassieren. Weil dessen einfachste
Variante, die Steuererhöhung, bei Sparparteien wenig Beliebtheit
geniesst, hat der Kanton Zug einen anderen Weg gefunden: die Ausweitung
des Verursacherprinzips im Polizeiwesen. Sprich: Wer einen Unfall baut,
muss die Kosten für Sicherung und Verkehrsregelung selber übernehmen
(falls beides länger als zwei Stunden dauert); auch das Ausstellen eines
Strafzettels kann teuer werden. Den Betroffenen werden diese Gebühren
ein besonderes Vergnügen bereiten: Man kriegt eine Busse und muss auch
noch dafür bezahlen. (bat)
Eine Freude für Einbrecher
Auch
in England kämpft die Polizei mit Geldproblemen. Wegen der
Sparprogramme der Tory-Regierung hat sie in vier Jahren über ein Viertel
ihres Budgets und 70 000 Beamte verloren. Das schlägt langsam aufs
Angebot durch. So kündigte die oberste britische Polizistin letzten
Sommer an, dass die Polizei bei Einbrüchen nicht mehr zwingend am Tatort
vorbeikommen werde. Dafür habe man zu wenig Personal, und die Beweise
könne man auch «auf andere Weise» sichern. Der Kanton Zug würde das
Problem auf seine Art lösen: Dort besuchte die Polizei nur noch jene
Diebstahlopfer, die dafür bezahlen. (bat)
Ein Vergnügen für Diebe
Immer
mehr Supermärkte rationalisieren mit Selfscanning ihre Kassiererinnen
weg. Ihren Kunden wollen sie dabei weismachen, dass sie durch das
Übernehmen dieser Arbeit Zeit gewinnen. Mit Bargeld an der Kasse geht es
aber deutlich schneller, zeigt eine Studie des Handelsinstituts EHI in
Köln. Eine andere Studie der Universität Cambridge ergab überdies, dass
im Schnitt jeder unehrliche Kunde mit Selfscanning 18 Euro im Monat
einspart. Solche Ladendiebstähle erleichterten die britischen
Einzelhändler um 2 Milliarden Euro im Jahr. So wird weder Zeit (Kunde)
noch Geld (Händler) gespart, einzig die Arbeitsplätze der Kassiererinnen verschwinden. (roc)
Auch Schreiben kostet
Als
Protest gegen Budgetkürzungen haben Kritiker im Internet einen
«Austeritätsgenerator» gebaut, der neue Sparmassnahmen entwickelt. Zum
Beispiel: Griechenland darf auf allen amtlichen Dokumenten keine
Grossbuchstaben mehr verwenden. Das senkt den Tintenverbrauch. (bat)
(Tages-Anzeiger)
KOMMENTAR: Alles Extreme ist schlecht.
Schalten wir den gesunden Menschenverstand nicht aus!
Das gilt beim "Sich VORAUSGABEN (Verschwenden)" und beim SPAREN.