Von Hand schreiben ist ein aktiver Prozess
Schüler können nicht mehr schreiben
(Quelle 20 Min)
Um die Handschrift der deutschen Schüler steht
es laut einer Umfrage schlecht. Auch in der Schweiz habe die
Schreibfähigkeit gelitten, sagen Experten.
Lange Aufsätze bereiten Primarschülern Kopfzerbrechen.
Unleserliche Texte, falsche
Stifthaltung, verkrampfte Hände: Das Schreiben von Hand ist für viele
Schüler in Deutschland ein Problem. Bei einer Umfrage des deutschen
Lehrerverbands gaben 79 Prozent der befragten Lehrer an weiterführenden
Schulen an, dass sich die Handschrift ihrer Schüler in den letzten
Jahren verschlechtert habe. Auf Primarschulstufe bescheinigten 83
Prozent ihren Schützlingen eine ungenügende Handschrift. Als grösste
Probleme führen die Lehrer «unleserliche Texte» und «fehlende
Schnelligkeit» an.
Jürg Keller, Schreibdidaktiker und Lehrer,
beobachtet, dass auch Schweizer Schüler zunehmend Mühe beim Schreiben
bekunden: «Weil die Kinder heute schon in der Primarschule fast nur noch
über Smartphones oder PC kommunizieren, haben sie keine Schreibroutine
mehr – die Handschrift verkümmert.» Hinzu komme, dass viele Schüler
aufgrund der digitalen Angebote die Notwendigkeit der Handschrift gar
nicht mehr sähen. Für Keller ist das eine bedauernswerte Tendenz: «Der
Niedergang der Handschrift ist ein kultureller Verlust.»
Wer von Hand schreibt, lernt besser
Und
diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen. «Wer in der Primarschule
keine richtige Handschrift erlernt und entwickelt, wird auch später Mühe
haben», sagt Bruno Mock, Sprachdozent an der Pädagogischen Hochschule
Thurgau. Dies könne der Fall sein, wenn etwa die Schrift bei Prüfungen
nicht lesbar sei. «Oder wenn ein Schüler beim Schreiben eines Aufsatzes
viel zu langsam ist und so die Grammatik oder den Textaufbau
vernachlässigt.»
Schreibdidaktiker Keller betont die Wichtigkeit
des Handschreibens: «Es unterstützt das Lernen enorm, weil man sich
durch die Schreibbewegung die Informationen besser einprägen kann.» Dies
zeigt auch eine amerikanische Studie: Studenten, die ihre Notizen von
Hand aufgeschrieben hatten, schnitten bei den Prüfungen besser ab als
jene, die mit dem Laptop arbeiteten.
Annemarie Pierpaoli,
ehemalige Lehrerin und Präsidentin der Schweizerischen Graphologischen
Gesellschaft, fordert aufgrund dieser Erkenntnisse ein Umdenken im
Schreibunterricht. «Während man früher noch mehrere Stunden pro Woche
das Fach ‹Schönschreiben› besuchte und lange Texte schrieb, besteht der
Unterricht heute vor allem daraus, Lückentexte zu ergänzen oder kurze
Sätze in Sprechblasen zu schreiben», kritisiert sie. So sei es für die
Kinder schlicht nicht möglich, eine flüssige Handschrift zu entwickeln.
Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten
Für
Pierpaoli ist klar: «Es braucht eine Verstärkung des
Schreibunterrichts.» Die Kinder müssten wieder längere Texte von Hand
verfassen können. Laut Pierpaoli können die Schüler dabei lernen, ihre
Geduld zu trainieren. «Besonders in Zeiten, in denen die Kinder ständig
unter medialem Dauerfeuer stehen, fördert der Schreibunterricht die
Konzentrationsfähigkeit», sagt sie.
Das digitale Schulzimmer sei
nicht aufzuhalten, betont Jürg Keller. Jedoch müsse die Schule die
motorischen Fertigkeiten – auch wenn immer mehr auf dem PC geschrieben
werde – trotzdem vermitteln. «Das kann mit einer grundlegenden
Bewegungsschulung für die Feinmotorik geschehen, und zwar in allen
Bereichen, zum Beispiel auch mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes»,
sagt er.
Dass es bei Schweizer Schülern mit der Handschrift
hapert, ist beim Schweizer Lehrerverband bekannt. «Diese Entwicklung ist
uns bewusst und wird sich wohl aufgrund der Digitalisierung noch
verstärken», sagt Präsident Beat W. Zemp. Gerade weil das Schreiben von
Hand ein wichtiger Bestandteil des Lernprozesses sei, enthalte der
Lehrplan 21 eine Schreibkompetenz. «Es gibt also weiterhin ein Fach, in
dem die Schüler Texte von Hand verfassen», sagt er. Es brauche in
Zukunft beides: Das Schreiben am Computer und das Schreiben von Hand.
KOMMENTAR:
Das digitale Zeitalter ist nicht aufzuhalten. Was nicht heissen will, dass die Schreibfähigkeit von Hand nicht mehr gefördert werden muss.
Trotz SMS Kommunikation und PC gehört das Schreiben mit der Hand zur kommunikativen Kompetenz, so wie die Fähigkeit, sich mündlich aus zu drücken oder Sachverhalten zu skizzieren.
Schreiben fördert die Konzentrationsfähigkeit und Gedanken werden schreibend besser verankert, als mit Lesen.
LINK:
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3. Okt. 2003 ... Schreiben Sie schnell und flüssig, so wie es Ihre Hand zulässt. Der
Gedankenfluss darf während des Schreibens nicht unterbrochen werden.
www.rhetorik.ch/Gedankenschreiben/Gedankenschreiben.html
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