Marcus Knill: Johari-Fenster und Feedback
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AUS "DIE WELT"
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AUS "DIE WELT"
Pointen setzen
Wie ein Schulkind
hatte der Unternehmensberater mit seinem Stuhl gekippelt und war mit
lautem Karacho umgefallen. Mitten auf einer internationalen Konferenz
und vor Führungskräften aus aller Welt. Eine peinliche Stille folgte, in
der sich der Gefallene aufrichtete, den besorgten Blicken in der Runde
freundlich begegnete und mit fester Stimme verkündete: "Ich kann's
zweimal, ohne mir dabei weh zu tun!"
Die
Pointe traf ins Ziel, die Konferenzteilnehmer brachen in schallendes
Gelächter aus. "Ein anderer Unternehmensberater wäre vermutlich rot
geworden oder hätte nur eine Entschuldigung gestammelt", sagt Gitte
Härter. Gerne nennt die Münchner Trainerin dieses Beispiel, um Richtung
und Reichweite des Begriffs Schlagfertigkeit zu verdeutlichen. Es gehe
nicht darum, immer gleich eine Retourkutsche parat zu haben und anderen
an den Karren zu fahren. Sondern um Improvisationstalent, Kreativität
und kommunikative Kompetenz. "Schlagfertigkeit bedeutet, der Situation
gewachsen zu sein und handlungsfähig zu bleiben."
Andere
Trainer nehmen den Begriff wortwörtlich: Für sie ist Schlagfertigkeit
die Kunst des Zurückschlagens mit dem Ziel, das Gegenüber "fertig" zu
machen. "Sie brauchen eine Identität als schlagfertiger Mensch", sagt
Rhetoriktrainer Matthias Pöhm. Und dazu gehöre eben, auch Dinge in einer
großen Runde zu sagen, die nicht allen gefallen werden.
"Schlagfertigkeit ist Frechheit", so das Credo des selbst ernannten
Schlagfertigkeitspapstes aus München: "Ja, ich frotzele auch manchmal
und lasse die anderen schlecht aussehen."
Auch
Gitte Härter kann wahnsinnig gut Witze über andere machen, wie sie
betont. Aber inzwischen hat die Autorin gelernt, auf den Applaus auf
Kosten anderer zu verzichten. "Solche kurzen Siege schaden immer." Als
die Rechtsanwaltsgehilfin merkte, daß die Kollegen Angst vor ihrer
scharfen Zunge hatten und sich zurückzogen, übte sie sich in
Zurückhaltung. Eine Art Anti-Schlagfertigkeitstraining, aber vom Prinzip
her identisch: Denn am Anfang stehe immer die Beschäftigung mit sich
selber. "Es ist vielmehr Persönlichkeitstraining als Technik".
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Der
zweite Schritt ist die Zielfindung: Wie möchte ich Schlagfertigkeit
genau nutzen? Der dritte Schritt ist das Training: "Das geht nicht von
heute auf morgen." Aber mit selektiver Wahrnehmung und praktischem
Lernen. Für Gitte Härter hieß die Devise "Ich will jetzt etwas sagen,
aber ich sag' nur die Hälfte." Für schüchterne Menschen heißt sie: Ich
bringe mich hier jetzt mal ein, und sei es mit der Aussage: Da bin ich
sprachlos. "Diese Art der Schlagfertigkeit kann man lernen. Aber nicht
durchs Auswendiglernen von witzigen Pointen."
Schlagfertigkeit
lernt man durch Mitdenken, so der Schweizer Kommunikationsberater
Marcus Knill. Ob in den Medien oder im Alltag, es lohne sich, sich
situationsgerechte, schlagfertige Antworten auszumalen. "Dann wird aus
der verpatzten Reaktion bald eine zeitgerechte Situation." Brainstorming
und Blödeln lernt man am besten spielerisch und zum Spaß. "Aber wenn es
ernst wird, muß ich schon etwas denken dabei."
Beispielsweise,
wenn der Vorgesetzte einen vor Kollegen niedermacht: "Mein Tip, beim
nächsten Mal vorher Gehirn einschalten." In solchen Fällen fühlen wir
uns bloßgestellt und blockieren, die Stimme wird trocken und schrill.
"Diese Reaktionskette muß durchbrochen werden", sagt Knill. Durch
bewußte Tiefenatmung und Entspannung der Muskeln von Armen und Gesicht.
Durch Trennung von Form und Inhalt und die Beschreibung der Situation:
"Sie verletzen mich gerade."
Ganz
schön viel Programm für eine Situation, die unter Zeitdruck steht. Um
die Geschwindigkeit zu trainieren, helfen am Anfang Standardformeln,
simple Fragestellungen, wie "Haben Sie das so gemeint?", rät der
Experte: "Stellen Sie in Frage, das ist besser als der innere Rückzug."
Auf jeden Fall sollte man nicht auf die Schlagfertigkeitstrainer hören
und dem Chef entgegnen: "Ich passe mich doch nur Ihren
Arbeitsgepflogenheiten an." Dann verläßt man nicht nur den Grundsatz der
Wertschätzung, dann verliert man womöglich auch seinen Arbeitsplatz,
warnt Marcus Knill: "Schlagfertigkeit war nie ein Erfolgsrezept."