Aus AUTONOM LEBEN (Hamburg)
In der Kommunikation zwischen Menschen mit Behinderung und
ohne, spielen meines Erachtens folgende Punkte (Quelle:
http://www.rhetorik.ch/UmgangBehinderte/UmgangBehinderte.html
von Marcus Knill 1998-2010) beispielhaft eine wichtige Rolle, um Menschen mit
Behinderung Anerkennung zu Teil werden zu lassen und Ihnen mit Würde zu begegnen:
Die
folgende Liste wurde frei von einer vom "National Center for Access
Unlimited" zusammengestellten Liste adaptiert: Quelle:
- Direkt zur Person sprechen, nicht zum
Begleiter. Auch wenn die Person nicht hören kann. Die Person ernst
nehmen.
- Erwachsene sollen als Erwachsene behandelt
werden. Personen nur duzen, wenn man das auch sonst machen würde.
- Es ist in Ordnung, die Hand zu schütteln.
Auch wenn es die linke Hand oder eine künstliche Hand ist.
- Wenn man mit einer visuell behinderten
Person spricht, soll man sich identifizieren. In einer Gruppe, die
angesprochene Person mit Namen ansprechen.
- Wenn man Hilfe anbietet, warten bis
bestätigt wird, dass die Hilfe auch tatsächlich gebraucht wird und auf
Anweisungen hören.
- Der Rollstuhl einer Person muss als Teil des
Körpers betrachtet werden. Einen Rollstuhl nicht als Abstütze oder
Ablege verwenden.
- Wenn jemand Mühe mit Sprechen hat, Geduld
haben. Nicht den Satz für die Person fertig machen.
- Wenn jemand Krücken oder ein Rollstuhl hat,
wenn mögich versuchen, sich in Augenhöhe zu plazieren.
- Beim Sprechen mit Hörbehinderten, die Person
direkt anschauen. Langsam sprechen. Nicht gleichzeitig essen oder rauchen.
- Keine Angst vor einem Faux-Pax wie "Auf
Wiedersehen" zu einem Sehbehinderten, oder "Komm doch zu einem
Sprung rüber" zu einem Paraplegiker. Solche Dinge sind harmlos.
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Fehlverhalten im Umgang mit Behinderten:
- Erna wird von ihrem Mann Rolf zum Arzt chauffiert.
Das Arzpersonal spricht nicht mit Erna, sondern mit Rolf "Hat sich
mit der Gesundheit von Erna etwas geändert?" Fehler: Die Behinderte
wird wie ein Kind bevormundet.
- Der Namen von Behinderten wird verwechselt.
Sind zwei Behinderte zugegen, wo beide im Rollstuhl sind, wird der erste
mit dem zweiten verwechselt. Fehler: Bei Behinderten ist eine Verwechslung
schlimmer, weil bewusst gemacht wird, dass die Behinderung, nicht die
Person im Vordergrund steht.
- Leute fragen Dinge, die sie nichts angehen,
wie: "Warst Du schon immer so?" Fehler: Die Behinderung wird
ohne Grund zum Thema gemacht.
- Eine Behinderte wird über die Strasse
geschleppt, obwohl sie gar keine Hilfe braucht. Fehler: Die behinderte
Person wird nicht ernst genommen.
- Der Person wird gutmütig wird auf die Schulter
geklopft, die Wange gestreichelt oder durch die Haare gestrichen, ohne
dass man sie gut kennt. Fehler: Der Behinderte wird patronisiert.
- Eine altershalber langsamere Frau wird vom
Personal geduzt, obwohl man sie gar nicht gut kennt. "Jöh, Marteli,
hast Du heute gut geschlafen?" Fehler: Das Duzen passiert auch im
Umgang mit älteren Leuten. Erwachsene Personen sollen als erwachsene
Personen behandelt werden.
Bei dem vorhergehenden Bespiel Nr. 6, kann man gleich zwei
unterschiedliche Formen von Diskriminierung erkennen: Zum Einen wird die Person
aufgrund Ihres Alters (in anderen Fällen aufgrund der Behinderung) als jemand
betrachtet, der bzw. die dem gesellschaftlich geforderten Tempo nicht
standhalten kann. Zum Anderen, wird die Person geduzt. Dies ist unter
Erwachsenen sich gegenseitig unbekannten Personen allgemein nicht üblich. Eine
Kommunikation auf Augenhöhe sieht anders aus.
Augenhöhe bedeutet in anderem Sinne auch
Gleichberechtigung. Am Beispiel Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bzw.
Beschäftigung / Arbeit, lässt sich gut erkennen, dass die vom Gesetzgeber
vorgesehene Förderung größtenteils auf unentgeltliche Personenbeförderung im
jeweiligen Nahverkehrsbereich, sowie steuerliche Erleichterungen z.B. beim
Besitz eines Autos abzielt. Eigene Initiative, Motivation und Wille sind unter
diesen Umständen nicht nur hart erkämpfte Eigenschaften, und erscheinen mir in
Zeiten zunehmender sozialer Kälte und Kluft zwischen Arm und Reich,
überlebensnotwendiger denn je. Der Spagat zwischen der Durchsetzung eigenen
Rechts z.B. auf Anerkennung der jeweilig behinderungsbedingten vermeintlichen
Schwächen einerseits, und der Anpassung an die Gegebenheiten der Gesellschaft
oder des Arbeitsmarktes ist meines Erachtens nur unter ziemlich besonderen
Umständen erfolgreich zu meistern und oftmals sehr beschwerlich. Dies bringt
mich zu der Frage, wo eigentlich die wirklichen Hürden in der Umsetzung von
persönlicher Freiheit, Glück und Selbstbestimmung zu finden sind.
Vielleicht ist es die Perspektive, mit der die
Gesellschaft auf die Menschen mit Behinderung blickt. Sie setzt Behinderung
gleich mit Krankheit/Erkrankung. Einen kranken Menschen muss man behandeln. Es
ist hoffentlich nachvollziehbar, so eine Sicht auf seine Mitmenschen auf Dauer
keine gute Kommunikationsebene sein kann, ständig als krank = unbrauchbar
angesehen zu werden. Unter Umständen kann dies zu Motivationsabbau und Verlust
von Selbstwertgefühl führen.
Umso wichtiger ist es, dass Menschen mit Behinderung eine
reale Chance bekommen ihre Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen, ohne auf die
Hilfe fremder Personen angewiesen zu sein. Persönlich habe ich lange die
Einstellung gehabt, alles alleine meistern zu müssen und andererseits viele
Dinge hinzunehmen, mit denen ich eigentlich nicht einverstanden war. Allerdings
musste auch ich die Lektion lernen, dass es ganz ohne Hilfe nicht funktionieren
kann. Aus meiner Sicht, ist das Konzept „selbstbestimmt Leben“, dass Autonom
Leben e.V. sich auf die Fahnen geschrieben hat so zu verstehen, dem/der
Betroffene/n nach Möglichkeit verschiedene Lösungswege aufzuzeigen und sie/ihn
zu befähigen selbständig das jeweilige Problem zu lösen. Die Fähigkeit zu
erlernen sich selbst helfen zu können hängt von verschiedenen Faktoren ab und
ist ein mehr oder weniger längerer Prozess mit verschiedenartigen
Übungsmöglichkeiten. Denn Probleme tauchen meistens von selbst auf. Die These,
dass Probleme von selbst auftauchen, bzw. hausgemacht sind, wirft die Frage
auf, ob der Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderung überhaupt
thematisiert werden muss. Ist es im Sinne gleichberechtigten Umgangs zwischen
allen Menschen auf gleicher Augenhöhe nicht vielmehr sinnvoll, bei sich selbst
anzufangen und sich selbst gegenüber respektvoll und wertschätzend zu
verhalten? Hier passt das Sprichwort: „Wie es in den Wald hinein schallt, so
schallt es heraus“