"Negerlein" sagt man nicht!
Nun stellt sich die Frage: Sollen Kinderbuch-Klassiker korrigiert und umgeschrieben werden?
Die Jünger der Politischen Korrektheit versuchen ständig, alle früher so harmlose Worte zu verbannen, die heute politisch nicht mehr korrekt sind. Bücher sind für sie angeblich erst dann moralisch sauber, wenn alle unkorrekte Worte aus den Kinderbüchern ausgemerzt oder ersetzt sind.
Statt "Eskimo" müsste es überall "Inuit" (Menschen) heissen.
Die Moralapostel verlangen sogar, dass beim Vorlesen aus alten Büchern - auch von Kinderbuchklassikern, wie von Otfried Preussler oder Astrid Lindgren - nie mehr Worte, wie "Negerlein", "Negerkönig" oder "Türken mit weiten Pluderhosen" ausgesprochen werden dürfen.
Der Thienemann Verlag sollte somit das umstrittene Wort "Negerlein" aus "Kleiner Hexe" streichen.
Für alle, die Kindern Geschichten vorlesen, stellt sich nun die quälende Frage der Nation: "Wie sage ichs künftig meinem Kinde?"
Den Zensoren geht es darum, den Texten so rasch wie möglich zu Leibe zu rücken, damit sie alle ihren moralischen Vorstellungen entsprechen. Wahrscheinlich überlegen sie sich bereits, wie sie Tucholskys "Herr Wendriner" reinigen können, der in den Zwanzigerjahren so manche Spitze gegen Frauen losgelassen hatte. Die Zensoren sind sich nicht bewusst: Was heute korrekt ist, könnte morgen bereits wieder tabu sein.
Wie viele Erwachsenen haben jahrelang "Mohrenköpfe" verschlungen und das Lied "C-A-F-F-E-E trink nicht so viel Kaffee..." gesungen ohne Schwarze und Türken je diffamiert zu haben.
Wer in freisinnigem Geist aufgewachsen ist, kann die Urfassung von solchen Texten unbedacht stehen lassen und auf das klärende Gespräch der Eltern vertrauen.
Doch solche Toleranz behagt den Sittenrichtern nicht.
Schon früher versuchten Tugendwächter, KUNSTWERKE zu verändern und mit Hilfe einiger Pinselstriche unzüchtige Darstellungen zu überdecken.
Nach meinem Dafürhalten dürfen KUNSTWERKE und Zeugen der Vergangenheit nicht verändert werden. Wer alles, was der aktuellen herrschenden Moral widerspricht, auszumerzen trachtet, müsste sich eigentlich freuen, wenn die Taliban 2001 die Buddha Statuen von Bamyian zerstört haben. Es wird wohl niemand bezweifeln, dass die Bücher von Lindgren und Tucholski ebenfalls zur KUNST zählen.
NACHTRAG DIE ZEIT:
Kinderbücher Höher Gebildete gegen Streichung von "Neger"
Darf Pippi Langstrumpfs Vater "Negerkönig" sein, darf
die kleine Hexe einem "Negerlein" begegnen? Die Deutschen sind in
dieser Frage gespalten.
Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede: Während 52 Prozent der Westdeutschen für eine Tilgung der diskriminierenden Wörter sind, sind es nur 37 Prozent der Ostdeutschen.
Je höher der Bildungsabschluss der Interviewten, desto größer ist der Anteil derer, die gegen eine Reform der Kinderbücher sind. So plädieren 85 Prozent der befragten Volksschüler ohne Lehre für eine Anpassung der Texte, doch nur 37 Prozent der Deutschen mit Hochschulreife.
Die Diskussion über eine Änderung von Kinderbuchklassikern wie Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren und Die kleine Hexe von Otfried Preußler war nach einem Interview mit Kristina Schröder in der ZEIT aufgekommen. Die Familienministerin hatte gesagt, dass sie Wörter wie "Neger" ersetze, wenn sie ihren Kindern aus solchen Büchern vorliest.
LINKS:
27. Jan. 2006 ... Sprachpolizei
säubert Schulbücher. "Mohrenköpfe" dürfte man eigentlich nicht mehr
sagen. Der Ausdruck ist diskriminierend. Sie werden heute ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/06/01_27.html
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5. Juli 2011 ... Die "Genderpädagogen" durchkämmen als Sprachpolizisten die Märchen und Kinderbücher. So zwingen sie Mädchen zu Kampfspielen.
www.rhetorik.ch/Aktuell/11/07_05/index.html
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1. Jan. 2004 ... Das Sachbuch "Die Sprachpolizei" von Diane Ravitsch analysiert und kritisiert Fehlentwicklungen und Auswüchse dieser zum Teil grotesken ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/Aktuell_Jan_01_2004.html
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