Immer mehr leiden unter Konzentrationsstörungen
«Wir haben es hier mit einer Epidemie zu tun»
Ein amerikanischer Psychiater schlägt Alarm: Immer
mehr Menschen sind unfähig, sich auf eine Sache zu konzentrieren – mit
schwerwiegenden Konsequenzen.
Ständig in Alarmbereitschaft: Händler an der Wallstreet.
Edward Hallowell.
Edward Hallowell ruft die Unternehmen dazu auf, endlich zu handeln.
Denn wenn sie so weitermachten wie bisher, komme sie das teuer zu
stehen: Falsche Chefentscheide, schlechtere Zahlen, kranke Menschen.
«Überlastete Systeme – warum kluge Menschen versagen», betitelt der
langjährige US-Psychiater
seinen Artikel im «Harvard Business Review». Er richtet sich insbesondere an Unternehmensführer.
Hallowell
zeigt darin auf, wie die heutige Umwelt den Menschen in ständige
Zerstreutheit versetzt und ihn letztlich schachmatt setzt. Der Autor
beschreibt etwa den jungen Manager David, der während eines Telefonats
gleichzeitig Mails liest, mit den Füssen wippt, mit den Fingern
trommelt, Kaffee trinkt – und dabei schliesslich einen Termin vergisst.
«Wir
haben es hier mit einer Epidemie zu tun», schreibt der Psychiater.
«Immer mehr Menschen leiden unter Konzentrationsmangel.» Die Folgen
seien drastisch: Unfähigkeit zur Kreativität, eine steigende Fehlerquote
und langfristig ein Heer von kranken Menschen.
Typische ADS-Symptome
Harvard-Absolvent
Hallowell ist einer der Pioniere der Forschung zu ADS, dem
Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. ADS äussert sich mit Impulsivität,
Stimmungsschwankungen, Ungeduld und leichter Ablenkbarkeit – kurz mit
einem verminderten Konzentrationsvermögen. Dass die Verdrahtungen im
Hirn von ADS-Betroffenen anders sind als die von Nichtbetroffenen, lässt
sich mittlerweile am MRI-Hirntomographen ablesen.
In den letzten
Jahren hätten sich immer mehr Menschen aus der Wirtschaftswelt mit den
typischen ADS-Symptomen an ihn gewandt, schreibt Hallowell nun im Buch.
«Die Zahl der Leute mit Konzentrationsmangel hat sich verzehnfacht.»
Doch ein Grossteil dieser Menschen litt nicht an ADS, das eine stark
genetische und somit von Umwelteinflüssen unabhängige Komponente hat.
Panik statt Kreativität
Vielmehr
sei das Verhalten der Betroffenen eine Reaktion auf die moderne Welt,
eine Art fatales Hirntraining: «Wenn unser Hirn ständig mit Reizen
überflutet wird, verliert es nach und nach die Fähigkeit zur
Konzentration», schreibt Hallowell. Neurologisch seien ständige
Unterbrechungen vergleichbar mit dem Angriff eines wilden Tiers – das
Stammhirn sende erhöhte Levels von Botenstoffen aus, die den Menschen in
Dauerpanik versetzten. Konzentriertes Arbeiten, das vom so genannten
Frontallappen im Hirn ausgeht, wird unmöglich. Stattdessen herrschen
Panik, Gereiztheit, Ungeduld, Empfindlichkeit.
Hallowell spricht
bei den beobachteten Verhaltensweisen von ADT (attention deficit trait) –
betont aber gleichzeitig, dass es sich im Gegensatz zu ADS eben gerade
nicht um eine Krankheit handle.
ADT müsse man nicht mit Pillen
behandeln, so Hallowells Haltung, sondern mit einem besseren Lebensstil.
Geräte aus
Genau dazu ruft der Psychiater in seinem
Buch auf – und er verlangt insbesondere von Unternehmen, dass sie die
Epidemie ernst nehmen. «Es ist leider noch immer so, dass Angestellte
als schwach hingestellt werden, wenn sie sich vor Überlastung schützen
wollen», schreibt der Psychiater. Das Gegenteil sei der Fall: Nur wer
nicht überlastet sei, könne kreativ und klug handeln.
Hallowells
erster Rat:
«Schaffen Sie eine angstfreie Arbeitsatmosphäre».
Denn wenn
sich ein Mensch sicher fühle, verzichte sein Stammhirn eher auf jene
Stresswarnungen, die sein System überlasten. Darum seien gemeinsame
Essen und allgemeiner Austausch am Arbeitsplatz so wichtig. Der
Arbeitnehmer selber solle sich aktiv um sozialen Austausch mit den
Kollegen und auch der Familie bemühen. «Sorgen Sie sich nicht alleine»,
so Hallowell.
Sein zweiter Rat:
«Stellen Sie die Grenzen wieder
her, die von der modernen Technologie niedergerissen wurden». Also
Geräte ausschalten, die Mails für eine Weile liegen lassen.
Und vor
allem auch dann offline bleiben, wenn das Denken anstrengend werde.
«Zappen Sie nicht gleich wieder weg, wenn das Nachdenken langweilig und
mühsam wird.» Unternehmen müssten entsprechende Verhaltensweisen fördern
– etwa mit festen Feierabendterminen, die dann auch eingehalten würden.
Gemüse statt Zucker
Der
dritte Rat des Psychiaters zielt ganz direkt auf den Körper:
«Schlafen
Sie genug, reduzieren Sie Zucker und Weissmehl und treiben Sie Sport».
Statt Zucker sollten Kopfarbeiter mehr Gemüse und Proteine zu sich
nehmen, schreibt Hallowell.
Besser als Kaffee und Weissbrot zum
Frühstück seien beispielsweise Tee und Eier. Was jede Mutter weiss –
dass Zucker nervös macht – gilt nämlich auch für Erwachsene.
Sport
lässt unseren Körper ausserdem allerlei Stoffe produzieren, die uns gut
tun: Endorphine, Serotonin, Dopamin usw. – alles Helfer für eine
ausgeglichene Stimmung und mehr Konzentration.
«Die Zeit im
Fitnesszentrum machen Sie locker durch mehr Konzentration und Effizienz
wett», so Hallowell. Den Unternehmen rät er gar, einen gut
ausgestatteten Trainingsraum anzubieten.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Kommentar: Die Konzentrationsfähigkeit müsste schon in der Schule gefördert werden. Doch werden Kinder all zu schnell mit Medikamenten ruhig gestellt. Die Fähigkeit, sich für eine Sache voll und ganz einzusetzen, kann geübt werden. Wer gelernt hat, sich für die jeweilige Tätigkeit hundertprozentig einzusetzen, hat mehr Erfolg.
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20. Juni 2005 ... Praesent sein. ... Dabei jedes Mal 100 prozentig präsent zu sein. Medientraining ist ein Muss Piloten können fliegen - dennoch verbessern sie ...
www.rhetorik.ch/Praesent/Praesent.html
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19. Juli 2003 ... Bei der rhetorischen Kommunikation, stellen wir aber im Alltag eher ein " Zappverhalten" der Zuhörer fest: Es fällt schwer, zuzuhören, vor allem ...
www.rhetorik.ch/Zappen/Zappen.html
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Wenn wir reden, müssen wir uns auf eine Kernbotschaft konzentrieren. Wenn der Partner spricht, gilt die uneingeschränkte Konzentration dem Zuhören. ...
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