Donnerstag, 29. September 2011
Irreführung mit offiziellem Logo nicht strafbar?
Die SVP hat Glück. Ein Flyer unter dem irreführenden offiziellen Logo kann nicht bestraft werden.
20 Min begründet es:
Ein Schwyzer Wahlkampf-Flyer, der auf den ersten Blick wie ein offizielles Schreiben vom Kanton anmutet, sorgt bei einigen Bürgern für rote Köpfe. Ein Detail macht das Ganze aber nicht strafbar.
So landete der Wahlkampfflyer von Judith Uebersax in den Briefkästen.
- «Der Kanton Schwyz teilt mit: Verfügung zur Zwangs-Einquartierung»: Dieses offiziell daherkommende Schreiben ragte in den letzten Tagen aus vielen Briefkästen im Kanton Schwyz, wie der «Bote der Urschweiz» berichtet
Verantwortlich: Judith Uebersax.
Infografik
Eidgenössische Wahlen 2011Das politische System der Schweiz
Weiter ist darauf zu lesen: «Aufgrund der anhaltenden
Masseneinwanderung sehen wir uns dazu gezwungen, pro 100 Quadratmeter
Wohnfläche vier Zuwanderer in jedes Haus zwangsweise einzuquartieren.»
Erst bei genauem Hinsehen wird klar: Beim Flugblatt handelt es sich um
Wahlpropaganda der SVP-Nationalratskandidatin und Kantonalpräsidentin
Judith Uebersax. «Ich finde die Aktion ein legitimes Mittel, um
pointiert auf mein Anliegen aufmerksam zu machen», sagt diese dazu.
Doch die Aktion provoziert. «Dieser offizielle Anstrich ist für mich ein klarer Missbrauch», ärgert sich der CVP-Kantonalpräsident Andreas Meyerhans. Das Schreiben sei eine Grenzüberschreitung. Auch bei der Staatskanzlei gingen Beschwerden von verärgerten Bürgern ein.
Der Kanton hat daher vom Rechtsdienst abklären lassen, ob Uebersax mit der Aktion zu weit gegangen ist.
Kommentar: Jede Partei will Aufmerksamkeit. Die SVP schaffte es immer wieder sich mit Provokationen Medienpräsenz zu verschaffen. Selbst wenn die SVP bestraft worden wäre, hätte sie ihre Botschaft "verkaufen" können. Denn der Flyer führt zum Kernthema der SVP. Es geht um die angebliche Schwemme von Einwanderern mit der fiktiven offiziellen Massnahme von Zwangs-Einquartierungen. Die Links Parteien haben vor den bevorstehenden Wahlen gemerkt, dass Provokateure "kein Brot haben", wenn sie ignoriert werden. Blocher spürt dieser Jahr diese Erkenntnis. Die SP bemüht sich jedenfalls, Blocher mit einer Ausklammerungstaktik zu begegnen. Sie hatte bislang damit Erfolg. Mit diesem Flyer schaffte es jedoch die SVP , dass man von ihr spricht. Für die Medien ist diese Geschichte jedenfalls ein Thema, denn sie haben auch eine Informationspflicht.
Auch Freysinger rechnet mit kurzfristiger Aufmerksamkeit, indem er Plakate wild aufhängt und froh ist, wenn sie runtergerissen oder verunstaltet werden: Man spricht immerhin von ihm.
Doch die Aktion provoziert. «Dieser offizielle Anstrich ist für mich ein klarer Missbrauch», ärgert sich der CVP-Kantonalpräsident Andreas Meyerhans. Das Schreiben sei eine Grenzüberschreitung. Auch bei der Staatskanzlei gingen Beschwerden von verärgerten Bürgern ein.
Der Kanton hat daher vom Rechtsdienst abklären lassen, ob Uebersax mit der Aktion zu weit gegangen ist.
Zu einer Anzeige kommt es nicht.
«Die
Verwendung des Kantonswappens ist nicht strafbar», sagt Andreas Luig,
Informationsbeauftragter des Kantons. Zumal das weisse Kreuz erst noch
auf der falschen – der linken – Seite sei. Anders hätte es wohl
ausgesehen, wenn das offizielle Kantonslogo verwendet worden wäre.
Die baz, tagi, berner zeitung und bund (online) zitieren Knill:
«Der Kanton Schwyz teilt mit: Verfügung zur Zwangs-Einquartierung. Per
sofort.» Diese Mitteilung mit dem Kantonswappen ragte in den letzten
Tagen aus den Briefkästen der Schwyzer Haushalte. Nach der ersten
Irritation und bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es sich beim
Faltblatt nicht um eine Information der Kantonsbehörden handelt, sondern
um eine Wahlkampfaktion der SVP. «Aufgrund der anhaltenden
Masseneinwanderung sehen wir uns dazu gezwungen, pro 100 Quadratmeter
Wohnfläche vier Zuwanderer in jedes Haus zwangsweise einzuquartieren»,
teilt die fiktive Kantonsbehörde weiter mit.
Der Flyer der SVP-Nationalratskandidatin Judith Uebersax aus Sattel hat im Kanton Schwyz für Aufregung und Empörung gesorgt. Der offizielle Anstrich des SVP-Flugblatts sei grenzwertig, sagte Andreas Meyerhans, Präsident der CVP Schwyz, auf Anfrage von baz.ch/Newsnetz. Ausserdem operiere die SVP mit Argumenten und Zahlen, die überhaupt nichts mit der Situation im Kanton Schwyz zu tun hätten. In der Tat: In bester SVP-Manier betreibt Nationalratskandidatin Uebersax, die auch die SVP des Kantons Schwyz präsidiert, Panikmache. So steht auf dem Flyer die Behauptung, dass in den Kindergärten bald kein Schwyzer Dialekt mehr gesprochen werde.
Kantonswappen mit Kreuz am falschen Ort
Nach Beschwerden von verärgerten Bürgern hat sich auch die Schwyzer Staatskanzlei mit der Angelegenheit befasst. Es gebe kein Copyright auf das Kantonswappen, erklärte Andreas Luig, Informationsbeauftragter des Kantons Schwyz, auf Anfrage. Damit sei die Verwendung des Kantonswappens auch nicht strafbar. Der Rechtsdienst habe rasch festgestellt, «dass wir keine rechtliche Handhabe haben», sagte Luig.
Anders hätte es wohl ausgesehen, wenn das offizielle Kantonslogo verwendet worden wäre. Geschickterweise verzichtete die SVP aber nicht nur auf die Verwendung des Kantonslogos. Auf dem roten Kantonswappen platzierte sie auch das weisse Kreuz auf der falschen Seite, also oben links statt oben rechts.
«Die SVP hat Glück mit diesem Flyer»
Mit dem Flyer der SVP-Nationalratskandidatin Uebersax befasst sich auch der Kommunikationsberater Marcus Knill in seinem neusten Blog-Beitrag. Er stellt die Frage, ob die Irreführung mit einem offiziellen Logo strafbar sei. «Die SVP hat Glück mit diesem Flyer», lautet die Antwort von Knill. Sie habe nichts Strafbares gemacht. «Vor allem hat die SVP erreicht, was sie wollte: Aufmerksamkeit», sagt Knill im Gespräch mit baz.ch/Newsnetz. Die SVP erreiche Medienpräsenz für eines ihrer Kernthemen, den Kampf gegen die angebliche Masseneinwanderung. Gerade in diesen Wahlkampfwochen, in denen alle Parteien für einen Überfluss an Informationen sorgten, gelinge es der SVP mit einer neuen Provokation, Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Die SVP-Nationalratskandidatin Uebersax war heute Morgen nicht erreichbar. In der Schwyzer Lokalpresse liess sie verlauten, dass ihre Aktion ein legitimes Mittel sei, um pointiert auf ein Anliegen aufmerksam zu machen. Sie habe erreicht, was sie beabsichtigt habe.
(baz.ch/Newsnetz
Der Flyer der SVP-Nationalratskandidatin Judith Uebersax aus Sattel hat im Kanton Schwyz für Aufregung und Empörung gesorgt. Der offizielle Anstrich des SVP-Flugblatts sei grenzwertig, sagte Andreas Meyerhans, Präsident der CVP Schwyz, auf Anfrage von baz.ch/Newsnetz. Ausserdem operiere die SVP mit Argumenten und Zahlen, die überhaupt nichts mit der Situation im Kanton Schwyz zu tun hätten. In der Tat: In bester SVP-Manier betreibt Nationalratskandidatin Uebersax, die auch die SVP des Kantons Schwyz präsidiert, Panikmache. So steht auf dem Flyer die Behauptung, dass in den Kindergärten bald kein Schwyzer Dialekt mehr gesprochen werde.
Kantonswappen mit Kreuz am falschen Ort
Nach Beschwerden von verärgerten Bürgern hat sich auch die Schwyzer Staatskanzlei mit der Angelegenheit befasst. Es gebe kein Copyright auf das Kantonswappen, erklärte Andreas Luig, Informationsbeauftragter des Kantons Schwyz, auf Anfrage. Damit sei die Verwendung des Kantonswappens auch nicht strafbar. Der Rechtsdienst habe rasch festgestellt, «dass wir keine rechtliche Handhabe haben», sagte Luig.
Anders hätte es wohl ausgesehen, wenn das offizielle Kantonslogo verwendet worden wäre. Geschickterweise verzichtete die SVP aber nicht nur auf die Verwendung des Kantonslogos. Auf dem roten Kantonswappen platzierte sie auch das weisse Kreuz auf der falschen Seite, also oben links statt oben rechts.
«Die SVP hat Glück mit diesem Flyer»
Mit dem Flyer der SVP-Nationalratskandidatin Uebersax befasst sich auch der Kommunikationsberater Marcus Knill in seinem neusten Blog-Beitrag. Er stellt die Frage, ob die Irreführung mit einem offiziellen Logo strafbar sei. «Die SVP hat Glück mit diesem Flyer», lautet die Antwort von Knill. Sie habe nichts Strafbares gemacht. «Vor allem hat die SVP erreicht, was sie wollte: Aufmerksamkeit», sagt Knill im Gespräch mit baz.ch/Newsnetz. Die SVP erreiche Medienpräsenz für eines ihrer Kernthemen, den Kampf gegen die angebliche Masseneinwanderung. Gerade in diesen Wahlkampfwochen, in denen alle Parteien für einen Überfluss an Informationen sorgten, gelinge es der SVP mit einer neuen Provokation, Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Die SVP-Nationalratskandidatin Uebersax war heute Morgen nicht erreichbar. In der Schwyzer Lokalpresse liess sie verlauten, dass ihre Aktion ein legitimes Mittel sei, um pointiert auf ein Anliegen aufmerksam zu machen. Sie habe erreicht, was sie beabsichtigt habe.
(baz.ch/Newsnetz
Kommentar: Jede Partei will Aufmerksamkeit. Die SVP schaffte es immer wieder sich mit Provokationen Medienpräsenz zu verschaffen. Selbst wenn die SVP bestraft worden wäre, hätte sie ihre Botschaft "verkaufen" können. Denn der Flyer führt zum Kernthema der SVP. Es geht um die angebliche Schwemme von Einwanderern mit der fiktiven offiziellen Massnahme von Zwangs-Einquartierungen. Die Links Parteien haben vor den bevorstehenden Wahlen gemerkt, dass Provokateure "kein Brot haben", wenn sie ignoriert werden. Blocher spürt dieser Jahr diese Erkenntnis. Die SP bemüht sich jedenfalls, Blocher mit einer Ausklammerungstaktik zu begegnen. Sie hatte bislang damit Erfolg. Mit diesem Flyer schaffte es jedoch die SVP , dass man von ihr spricht. Für die Medien ist diese Geschichte jedenfalls ein Thema, denn sie haben auch eine Informationspflicht.
Auch Freysinger rechnet mit kurzfristiger Aufmerksamkeit, indem er Plakate wild aufhängt und froh ist, wenn sie runtergerissen oder verunstaltet werden: Man spricht immerhin von ihm.
Für einmal ist es die Polizei, die Wahlplakate der SVP wieder runterreisst. Das Plakat von Oskar Freysinger wurde illegal aufgehängt.
Regional-Radar
Die Plakateschwemme der SVP hat Gegner auf den Plan gerufen: Betrunkene und nüchterne Jungsozialisten, unbekannte Vandalen (Blick.ch berichtete) machten sich an den aufgehängten Konterfeis der konservativen Kandidaten zu schaffen.
Im Wallis aber läuft alles ein wenig anders: Am Montag waren es im Raum Visp/Brig für einmal Polizisten, die Plakate des Walliser Nationalrats Oskar Freysinger von den Strassenlaternen runterpflückten. Grund: Die Freysinger-Visagen waren am Wochenende illegal aufgehängt worden.
Hat Freysinger willentlich das Gesetz gebrochen? «Die Plakatierung wurde von meinem Wahlkampfteam organisiert und durchgeführt», windet sich der SVP-Kandidat gegenüber dem Internetportal «1815.ch».
Seine Wahlkämpfer hätten halt stinkfrech auf «Guerilla»-Methoden gesetzt: Die Überlebensdauer seiner Plakate sei sowieso nur sehr kurz, weil seine Gegner sie sofort abreissen oder verschmieren würden.» So hätte er wenigstens einen «kurzfristigen PR-Effekt», gibt Freysinger offen zu.
Für die Aktion drohe dem Poltiker nun eine Busse von einigen hundert Franken, gab die Gemeindepolizei Visp bekannt. Ausserdem würden ihm die Kosten für die Entfernung der illegalen Plakate verrechnet. (bih)
Im Wallis aber läuft alles ein wenig anders: Am Montag waren es im Raum Visp/Brig für einmal Polizisten, die Plakate des Walliser Nationalrats Oskar Freysinger von den Strassenlaternen runterpflückten. Grund: Die Freysinger-Visagen waren am Wochenende illegal aufgehängt worden.
Hat Freysinger willentlich das Gesetz gebrochen? «Die Plakatierung wurde von meinem Wahlkampfteam organisiert und durchgeführt», windet sich der SVP-Kandidat gegenüber dem Internetportal «1815.ch».
Seine Wahlkämpfer hätten halt stinkfrech auf «Guerilla»-Methoden gesetzt: Die Überlebensdauer seiner Plakate sei sowieso nur sehr kurz, weil seine Gegner sie sofort abreissen oder verschmieren würden.» So hätte er wenigstens einen «kurzfristigen PR-Effekt», gibt Freysinger offen zu.
Für die Aktion drohe dem Poltiker nun eine Busse von einigen hundert Franken, gab die Gemeindepolizei Visp bekannt. Ausserdem würden ihm die Kosten für die Entfernung der illegalen Plakate verrechnet. (bih)