Mittwoch, 17. August 2011

Was die auffällige Körpersprache über Merkel und Sarkozy verrät




Liebespaar, Macho-Gehabe und Himmels-Anbeterin: Was die beiden Staatsleute am gestrigen Treffen inszenierten, analysiert für Tagesanzeiger.ch/Newsnetz Kommunikationsexperte Marcus Knill.

 

Was die auffällige Körpersprache über Merkel und Sarkozy verrät

Liebespaar, Macho-Gehabe und Himmels-Anbeterin: Was die beiden Staatsleute am gestrigen Treffen inszenierten, analysiert für Tagesanzeiger.ch/Newsnetz Kommunikationsexperte Marcus Knill.

1/8 Kampfhähne
Marcus Knill zu diesem Bild: «Sarkozy und Merkel wirken wie zwei Kampfhähne. Sarkozys Handflächen beschwichtigen. Merkel weicht dem Blickkontakt aus und öffnet die Handflächen, als sage sie: ‹Ich nehme einmal deine Idee entgegen – aber nur unverbindlich.›»
Bild: Reuters



2/8 Pistole und Drohfinger
MK: «Sarkozy zielt mit der pistolengeformten Hand und zugekniffenen Augen auf das Gegenüber. Doch Angela Merkel lässt sich nicht kleinkriegen. Sie kontert mit erhobenem Zeigefinger.»
Bild: Reuters




3/8 Kommt alles Gute von oben?
MK: «Merkel scheint alle Kräfte des Himmels zu beschwören. Denkt die Pfarrerstochter: ‹Alles Gute kommt von oben›? Sarkozy scheint die deutsche Kanzlerin zu beschwichtigen und wieder auf den Boden zu holen.»
Bild: Keystone




4/8 Für die Presse gestellt
MK: «Beide berühren das Gegenüber. Merkel legt beschwichtigend die rechte Handfläche auf Sarkozys linke Schulter. Diese Geste von oben ist bei zwei gleichwertigen Partnern fragwürdig. Merkels Gesicht ist alles andere als freundlich. Die Berührung Sarkozys wirkt aufgesetzt – für die Presse gestellt: Wir mögen uns!»
Bild: Reuters



5/8 «Liebespaar»
MK: «Obschon die Wirkung des Auftrittes darauf ausgelegt ist, Harmonie und vertrauliche Nähe zu vermitteln, ist die Assoziation ‹Liebespaar› mit der gewünschten Aussage ‹Wir mögen uns› eine bewusste Show. Die Vermutung kommt auf: alles für die Presse inszeniert. Merkels Hand – wiederum von oben – signalisiert Überlegenheit. Die Hände der beiden berühren sich zwar leicht, scheinen aber ins Leere zu greifen.»
Bild: Keystone
 
6/8 Geschafft!
MK: «Hier sagt das Minenspiel viel aus. Merkel scheint etwas sagen zu wollen. Beide blicken mit verschlossenem Mund nach unten. Ohne den Kontext dieser Aufnahme zu kennen, spricht aus der zugeneigten Kopfhaltung und der Mimik Übereinstimmung: Wir beide haben es geschafft! Selbstgefällig?»
Bild: Keystone

7/8 Der Macho
MK: «Sarkozy in seiner typischen Macho-Haltung. Mit einem übersteigerten Selbstwertgefühl, der Partnerin erklärend, wo es langgeht. Merkel nimmt das Gehörte kritisch entgegen. Die Augen schielen nachdenklich – vielleicht sogar belämmert und betroffen – hinüber. Doch signalisiert die selbstbewusste Kanzlerin: ‹Vorsicht, die Kanzlerin wird nicht klein beigeben, sondern bei nächster Gelegenheit ihre Sicht der Dinge kundtun.›»
Bild: Keystone
   

Kommentar zu den Bildern (siehe Bildstrecke): Marcus Knill, Experte für Medienrhetorik, Coach und erfahrener Analytiker von Persönlichkeiten.


«Ich bin mir bewusst, dass mein Eindruck täuschen kann, denn ich beurteile eine Blitzlichtsituation. Dennoch ist die Wirkung, jede Wahrnehmung eines Bildes spannend und aufschlussreich.» (Bild: zvg)


Der Euro wackelt und mit ihm die Regierungen der Eurostaaten. Fast wöchentlich treffen sich Angela Merkel und Nicolas Sarkozy zum Thema, um einen weiteren Absturz der Einheitswährung zu verhindern. Nicht immer kommt dabei Wesentliches heraus. So geschehen zum Beispiel gestern. Umso wichtiger scheint für die beiden, dass sie wenigstens ein gutes Bild abgeben. Will heissen, zusammenstehen, kämpfen, beruhigen und vorwärtsschauen.
Dass dabei die Bilder, welche in alle Welt verbreitet werden, von besonderer Bedeutung sind, versteht sich von selbst. Das ist auch den Protagonisten klar.


«Beide Staatschefs versuchen, homogen zu wirken, die Bewegung der Hände und die Mimik scheinen synchron zu verlaufen», sagt dazu der Experte für Medienrhetorik, Marcus Knill. Und weiter: «Beide sind auf Wirkung bedacht. Ich weiss von Merkel, dass sie keine Bilder publiziert haben will, die sie nicht abgesegnet hat. Dennoch verraten die Aufnahmen mehr, als die beiden Akteure wahrhaben wollen. Die These des österreichischen Pantomimen Samy Molcho trifft zu: Der Körper kann weniger leicht lügen.»


Korrektur durch Körpersignale
Für Tagesanzeiger.ch/Newsnetz hat Knill eine Serie von acht Bildern (siehe Bildstrecke inklusive Bildlegende) des gestrigen Treffens analysiert.


Trotz offensichtlicher Bemühung, einheitlich zu wirken, gelinge das den beiden nicht perfekt, erklärt Knill weiter: «Die Demonstration der völligen Übereinstimmung wird durch die Körpersignale korrigiert. Wir können davon ausgehen , dass Merkel wie Sarkozy berechnend, ehrgeizig und darauf bedacht sind, die Differenzen mit inszenierten Bildern der Harmonie zu überdecken. Dennoch gelingt es ihnen nicht immer.» (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)


Ende Zitat






LINKS:


Politikerportraits. ... Ausstellungstext, Politiker Portraits, DRS2, 1. November 2008, Redaktion: Karin Salm. Ausstellung im Museum ...
www.rhetorik.ch

www.rhetorik.ch aktuell: (10. Apr, 2010). Merkel im Teich. Rhetorik.ch Artikel zum Thema: Aktuell Merkel · Politikerportraits ...
www.rhetorik.ch



Kommentar: Ich geben allen Skeptikern recht, die Vorbehalte haben gegen Interpretationen einzelner Beobachtungspunkte oder Signale, die angeblich schlüssig verraten sollen, was Sache ist. Ich finde, dass solche Blitzlichtanalysen dennoch spannend sein können, weil wir uns bewusst werden, dass eigentlich jedes Bild eine Wirkung hat und von jedem Beobachter automatisch individuell  interpretiert wird. Wir werden auf diese Weise hinsichtlich Beurteilung der Körpersprache noch keine Wahrseher. Aus meiner Tätigkeit bei meinen Analysen bei Medienassessments weiss ich, dass eine Persönlichkeit nicht nur auf Grund  eines Bildes, einer Bewegung, einer Stimmanalyse,  eines graphologischen Gutachtens oder  seiner Kleidung schlüssig beurteilt werden kann. Dies wäre eine Anmassung. Blitzlichtanalysen allein genügen nie. Für eine ganzheitliche Beurteilung benötigt man verschiedene Beobachtungskriterien.
In meinen Analysen will ich desahlb immer wissen, ob Botschaft, Stimme, Formulierung, Körpersprache mit der Person und ihrer Rolle übereinstimmt und zwar adressaten- und situationsgerecht.
Recherchen lohnen sich immer



oder: Wie eine Nebenbemerkung zur Kernbotschaft hochstilisiert werden kann.




Im Blick online lese ich:

 

Christoph Blocher (70) will für Zürich in den Ständerat. Um die Wirtschaft zu vertreten. Dabei betont er, dass die Randregionen von diesen Themen nichts verstehen.

Von Karin Müller und Marcel Zulauf 

Das «überparteiliche Komitee ‹Christoph Blocher in den Ständerat›» gibt heute bekannt, was man schon länger weiss: Der alt Bundesrat und SVP-Vizepräsident soll für den Kanton Zürich ins Stöckli ziehen. Die SVP Zürich hat Blocher schon im Mai mit nur einer Gegenstimme als ihren Ständeratskandidaten nominiert.

Heute startet nun der Wahlkampf des SVP-Chefstrategen. Er will mit 71 Jahren nochmals aktiv im Bundehaus mitmischen. Wird er gewählt, kann er eine der wenigen Lücken in seiner politischen Karriere schliessen – und mindestens bis 75 aktiv in der Politik bleiben.

Blocher will die Wirtschaftsmacht Zürich vertreten

An der Medienkonferenz zum Wahlkampfstart macht Blocher klar, warum er für den Kanton Zürich in die Kleine Kammer will: «Ich will die Wirtschaft im Ständerat vertreten», sagt er. «Zürich als Nummer 1 der Banken und Versicherungen muss sein Wissen einbringen.»

Appenzeller und Jurassier würden von den grossen Wirtschaftszusammenhängen nichts verstehen, betont Blocher. Darum will er als Vertreter des stärksten Wirtschaftskantons Gegensteuer geben.

Am liebsten würde Blocher mit dem FDP-Ständerat Felix Gutzwiller zusammen den Kanton Zürich vertreten, «aber die Freisinnigen wollen nicht», bedauert Blocher.


Ende Zitat



Kommentar:



Nachdem mich 20 Min angefragt hatte, was ich zur Aussage Blocher halte, dass die Appenzeller von den Wirtschaftszusammenhängen nichts verstehen, sagte ich dem Journalisten: Bevor ich urteile, müsse  ich zuerst die konkrete Aussage Blochers wortwörtlich haben und zwar im Kontext.  Ich erfuhr dnn, dass eine Journalistin vom SDA an der Medienkonferenz war. Vor meiner Stellungnahme recherchierte ich. Diese Zeit lohnt sich immer.

Zuerst beschaffte ich mir  die Original-Meldung des SDA:


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 (sda) Mit der Präsentation von SVP-Kandidat Christoph
Blocher hat dessen Unterstützungskomitee am Dienstag den Zürcher
Ständeratswahlkampf eingeläutet. Im überparteilichen Komitee-Co-
Präsidium sitzen neben SVP-Exponenten einzelne Mitglieder anderer
Parteien.



   Der Präsident der SVP-Wahlkommission, Hansjörg Frei, machte mit
der Präsentation des Kandidaten gleich dessen breite politische
Erfahrung klar: Alt Bundesrat, alt Nationalrat, alt Kantonsrat und
alt Gemeiderat Christoph Blocher. Und er betonte: «Im Wahlkampf
müsste Geleistetes mehr Gewicht haben als Versprochenes».



   Das Anforderungsprofil der Partei an den Ständeratskandidaten
wurde Blocher auf den Leib geschneidert: Er muss Unternehmer sein,
die SVP-Politik «geradlinig mittragen» und über breite politische
Erfahrung verfügen, so Kantonalparteipräsident Alfred Heer.



   Es sei unabdingbar, dass der grosse Kanton Zürich seine wichtigen wirtschaftlichen Anliegen in den Ständerat einbringe und die Zusammenhänge klar mache, sagte Blocher

Die kleinen Kantone hörten gewiss auf ihn, «die haben ja keine Ahnung». Damit die Schweizer Finanzsituation bereinigt werden könne, müssten sich die Bürgerlichen über die einzuschlagende Richtung einig sein.


Zentraler Schutz des Privateigentums



   Komitee-Co-Präsident Christian Steinmann, Präsident des
Hauseigentümerverbandes der Stadt Zürich und früherer Präsident der
FDP der Stadt Zürich, bedauerte, dass die FDP im Wahlkampf nicht mit
der SVP zusammenspannen wolle.



   Dabei könne man sich auf Blocher «felsenfest verlassen», wenn es
um den Schutz des Privateigentums gehe, einer besonders bedeutenden
Grundlage der Schweizer Gesellschaft.



   Neben Steinmann sitzen auch der ehemalige FDP-Kantonsrat Andreas
Honegger und FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger im Co-Präsidium des
Unterstützungskomitees. Mit dabei sind zudem unter anderen die
Zürcher alt Regierungsräte Peter Wiederkehr (CVP) und Alfred Gilgen
(seinerzeit LdU).



(SDA-ATS\/eh/ah)
161334 aug 11


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Meine Recherchen bei einer Journalistin (die an der Konferenz anwesend war und mir ihre Notizen am Telefon vorgelesen hatte) machten mir sofort bewusst, dass  BLICK Blochers Bemerkung ungenau und gefärbt wiedergegeben hatte. Dies verdeutlicht einmal mehr: Es lohnt sich, Sachverhalte zu überprüfen, obschon Recherchen zeitaufwändig sind.
Als Kommunikationsberater durfte ich nicht auf Grund eines Online- Beitrages ein Urteil fällen. Meine Recherchen zeigten:

Blocher wollte bei seinem Auftritt in erster Linie bewusst machen, dass er sich für die wirtschaftlichen Anliegen des Kantons einsetzen will und erwähnte dabei lediglich, dass die Randregionen von diesen Wirtschaftszusammenhängen zwangsläufig weniger mitbekommen. Dabei nannte er unbedachterweise als Beispiel Appenzell (von den Jurassiern hatte Blocher übrigens nichts gesagt). Nach diesen aufwändigen Recherchen war es mir nun möglich, dem Journalisten von 20 Minuten, Blochers Verhalten zu kommentieren.

OBschon es meist gut ist, Argumente mit Beispielen zu veranschaulichen,  hätte ich Blocher in diesem Fall geraten, auf das Beispiel Appenzell zu verzichten. Er hätte wissen müssen: Dieses Bild kann missverständliche Assoziationen auslösen. Das veranschaulicht uns nun der Medienspiegel: Aus einem unbedachtem Beispiel konnte Blick  nun folgenden gefärbten Haupttitel formulieren:





Christoph Blocher wettert gegen die Provinz










Für 20 Min wurde die Aussage sogar zum kommunikativen Gau:




Kom­munikativer GAU

16. August 2011  Print

Blocher beleidigt die Appenzeller

Christoph Blocher verspottet die Kleinkantone: Die hätten «keine Ahnung» von Wirtschaft. Die Appenzeller sind empört. Ein Experte warnt vor einem Imageschaden für den SVP-Strategen.

storybild Blocher kandidiert für den Ständerat. (Bild: Keystone)

Christoph Blocher hat sich am Dienstag als Kandidat für den Ständerat präsentiert. Dabei leistete er sich einen kom­munikativen GAU: Zürich müsse im Ständerat die grossen wirtschaftlichen Zusammenhänge klar machen, sagte Blocher. Die kleinen Kantone wie Appenzell würden davon nicht viel verstehen. «Die haben ja keine Ahnung», zitiert die SDA den SVP-Strategen.
Im Appenzellerland ist man ausser sich: «Das ist die überhebliche Meinung eines Zürchers», schimpft der Ökonom und Innerrhoder CVP-Nationalrat Arthur Loepfe. «Wir haben starke KMUs, auch mit internationaler Ausrichtung. Und wir gingen alle auch zur Schule.» Auch Albert Manser vom Gewerbeverband Innerrhoden schüttelt den Kopf: «Offensichtlich ist Herr Blocher nicht mehr auf die Stimmen aus der ‹Provinz› angewiesen.» Und der Appenzeller Wirtschaftsprofessor Roman Dörig kann «über so eine Aussage nur schmunzeln».


Der Kommunikationsberater Marcus Knill bezeichnet es als unklug, dass Blocher Appenzell als Beispiel nannte. «Das hinterlässt den Eindruck, er sei gegen das Bodenständige, das er immer vertreten hat. Und das könnte seinem Image schaden.»


Schon am 2. September hat Blocher allerdings die Chance, die Wogen wieder zu glätten: Dann tritt er an einem Wirtschaftsforum in Heiden AR auf.


 Ende Zitat 20 Min


Fazit: Dieses Beispiel veranschaulicht uns einmal mehr, was  ein einzelnes unbedachtes Wort bewirken kann.