Sonntag, 10. Juli 2011

ARENA des Schweizer Fernsehens bekommt Konkurrenz:


Filippo Leutenegger  wird bei Sat 1 Moderator bei der neuen POLITARENA.



Ich zitiere die SonntagsZeitung:


Auf zur nächsten «Arena»


Leutenegger:

«Ich bin zuversichtlich, dass die wichtigen Akteure in meine Sendung kommen»




Filippo Leutenegger fordert im Herbst auf Sat 1 das Schweizer Fernsehen heraus

Der Privatsender Sat 1 Schweiz startet im Wahlherbst mit einer Konkurrenzsendung zur «Arena» des Schweizer Fernsehens. Brisant: Moderator wird der ehemalige SF-Chefredaktor und Ex-«Arena»-Dompteur Filippo Leutenegger, der als FDP-Vertreter im Nationalrat sitzt und wieder kandidieren wird.

 
Die Sendung wird Mitte August 2011 bis Mitte Oktober 2011 in acht Staffeln jeweils am Mittwochabend ausgestrahlt, wie Leutenegger bestätigt. Die Folgen werden im Raum Zürich aufgezeichnet und sollen unter dem Titel «Filippos Politarena» laufen. Leutenegger: «Wir machen eine Wahlarena. Mit dem zusätzlichen Informations- und Diskussionsangebot wollen wir den publizistischen Wettbewerb bereichern.»


Leutenegger könnte seine FDP bevorzugen


Das Konzept stammt von Filippo Leutenegger und Mike Gut, Geschäftsführer Prosieben Schweiz und Sat 1 Schweiz, und orientiert sich an der «Arena», die Leutenegger bis 1999 beim Schweizer Fernsehen moderierte. Politische Leithammel sollen sich einen publikumsträchtigen Schlagabtausch liefern. Dazu werden 40 bis 50 Studiogäste eingeladen, darunter Politiker, die in der zweiten Reihe stehen. Geplant sind Sendungen zu den «grossen Wahlkampfthemen», wie Leutenegger sagt: «Konkordanz, Bundesratszusammensetzung und die wichtigen Sachthemen der kommenden Legislatur wie zum Beispiel Energie oder Migration.»
Leutenegger will einen Beitrag zur «Meinungsbildung und Meinungsvielfalt in der Schweiz» leisten. Wenn das klappen soll, muss er die politischen Schwergewichte in die Sendung bringen, die nötig sind, damit seine «Arena» für die Zuschauer attraktiv wird. Ob er das schafft, ist unklar, denn die Übungsanordnung mit Leutenegger, der als Gesprächsleiter gleichzeitig Partei ist, ist heikel. Manche könnten «Filippos Politarena» meiden, um dem Kandidaten Leutenegger keine Wahlkampfarena in eigener Sache zu bieten. Dass Leutenegger als Medienstratege seiner Partei diese bevorzugen könnte, gibt der Sache ebenfalls Brisanz.
Von alledem will Leutenegger nichts wissen. Zwar habe es noch keine Kontakte zu möglichen Gästen gegeben, doch: «Ich bin zuversichtlich, dass die wichtigen politischen Akteure in meine Sendung kommen werden.» Die «Arena» werde fair sein, garantiert er: «Man kennt meine Professionalität. Ich bin es gewohnt, mein politisches Mandat und meine journalistische Tätigkeit zu trennen.»


Der Zeitpunkt für den Angriff auf das SRF-Format ist günstig


Sat 1 hat laut Leutenegger «Absichtserklärungen von mehreren interessanten Schweizer Regionalsendern, welche die ?Arena? übernehmen wollen». Das soll die nötige Reichweite für den Frontalangriff auf das SRF-Format gewährleisten; der Zeitpunkt dafür passt: Der von SRF-Superdirektor Ruedi Matter verfügte Softkurs - grössere Talkrunden, Unterbrechung durch Einspielfilme, zurückhaltende Moderation - konnte den Quotenrückgang nicht stoppen. Betrug 2009 der Marktanteil 25 Prozent, sind es dieses Jahr noch 22 Prozent. Mancher Zuschauer wünscht sich die Duelle der Ära Leutenegger zurück.
Über Kosten seines Projekts will dieser nicht reden; aber er beteuert, dass die Sendung durch das reguläre Sat-1-Budget und die Werbung sowie den Weiterverkauf an Regionalsender getragen werde. Ausserdem verzichte er auf ein Honorar.


Kommentar: Nach meinem Dafürhalten hat Filippo Leutenegger bewiesen, dass er eine ARENA professionell d.h. auch moderat und neutral moderieren kann. Doch besteht die Gefahr, dass er als FDP Parteimitglied und Nationalrat das neue Image nicht einfach ablegen kann. Wissenschaftliche Untersuchungen haben eindeutig bewiesen: Image schlägt Fakten. Wenngleich Leutenegger die Sache korrekt macht, könnten die Zuschauer seine Tätigkeit gefärbt aufnehmen.

Bei der ARENA befürchtete ich nach dem Rücktritt von Reto Brennwald, dass sie an Biss einbüssen werde und zur Plauderrunde verkommt, zumal angekündigt wurde, dass man nicht mehr so polarisieren möchte und bei den Diskutanten die Mitte vermehrt berücksichtigen will  Als Kommunikationsberater schätze ich zwar echte Dialoge und Sendungen, bei denen ein Thema vertieft beleuchtet werden kann. Doch die ARENA  ist und bleibt eine ARENA mit einem Ring - bei dem im "Sägemehl" duelliert wird. Bei diesem Sendegefäss wird debattiert (Battre=schlagen). Beim Schlagabtausch gibt es Sieger und Verlierer. Der Moderator ist Schiedsrichter und setzt die Spielregeln durch.

Bei den jüngsten Sendungen stellte ich fest, dass die Sendeverantwortlichen nicht beabsichtigen, die ARENA zu einer  Soft- oder Kuschelrunde zu gestalten.

Ich weiss, dass sinkende Einschaltquoten automatisch das Konzept positiv beeinflussen und bei Streitgesprächen sofort wieder Akteure eingeladen werden, die Klartext reden. Ein vorbildliche Sendung finde ich beim WDR die harten Auseinandersetzungen bei "hart aber fair" mit Frank Plasberg.


Für mich belebt jede Konkurrenz das Geschäft. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass das Schweizer Fernsehen und SAT1 künftig gezwungen werden, das Modell ARENA wieder als ARENA ernst zu nehmen. Die Qualität  kann durch die Konkurrenz nur verbessert werden.


So wie ich Filippo Leutenegger kenne, verzichtete er nur der SACHE wegen auf ein Salair, zumal er als Nationalrat zusätzlich bezahlt wird und er als FDP Mitglied kein Abzocker sein will. Doch seine Gegner könnten dieses Entgegenkommen bösartigerweise negativ auslegen, beispielsweise:
Filippo macht dies alles nur, damit er wieder Bildschirmpräsenz hat. Nur deshalb habe er auf seine Gage verzichtet.



Nachtrag: Die Ankündigung einer ARENA unter Nationalrat  Leutenegger hat wie der Schlag in ein Wespennest gewirkt. Es kam zu einem Medienwirbel.  Politiker überlegen sich sogar, ob sie  Leutenegger nicht boykottieren sollten. Das Bundesamt für Kommunikation muss überprüfen, ob die Moderation eines Politikers keine Schleichwerbung ist. Wie bei Tele Blocher  hat auch der Presserat, Bedenken, ob die ARENA unter der Moderation Leutenegger rechtens ist. Gespannt warten wir die Resultate der Untersuchungen ab.


Müssen Politiker alle Fragen beantworten?


Die Medienstellen des Bundes haben die Aufgabe, für die Fragen der Journalisten eine Antwort bereit zu stellen. Sachlich, höflich und zeitgerecht, auch bei unangenehmen Fragen.


Dabei sollte man jedoch die Begriffe Öffentlichkeitsgesetz und Mediendienstleistung nicht miteinander vermischen. Zum Beispiel die Frage von Frau Fahmy an die Bundesanwaltschaft nach den Kosten eines eben erst initiierten Strafverfahrens in der Affäre Ghadhafi, ist eine Frage die selbstkritisch hätte gelöscht werden dürfen und hat nichts mit der Praxis bezüglich Öffentlichkeitsgesetz zu tun. Was soll die Medienstelle zu dieser Frage sagen, ausser laut zu seufzen? Einerseits sind die erfragten Kosten, mit 99,9 Prozent Sicherheit, aktuell nicht zu eruieren und andererseits verursacht die Frage unnötigerweise Kosten für die Verwaltung. Dabei, so wünschen wir es uns doch immer wieder, soll der Staat gefälligst schlank bleiben und keine Divisionen von Kommunikationsleuten aufstellen. Das Beispiel taugt also eher nicht zur Empörung bezüglich Transparenz und Öffentlichkeitsgesetz.
So kann es schon sein, dass auch mal wetterfühlige Fragen von Medien einen geplagten Beamten aus der Fassung bringen können. Zum Beispiel …


Manchmal schiessen ihre Fragen übers Ziel hinaus.

  Journalisten im Gemenge.
Wir alle tapferen Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben jedoch ein Anrecht zu erfahren, wie die Verwaltung resp. unser Staat arbeitet. Seit dem Inkrafttreten des Öffentlichkeitsgesetzes können wir dies einfacher tun als früher. Wir haben einfacheren Zugang resp. das Recht auf Einsicht in amtliche Dokumente, was nicht zwingend bedeutet, dass wir alles erfahren können was wir gerne erfahren würden. Denn es gibt viele genau definierte Ausnahmen und dies ist gut so, da der Staat zum Schutz von öffentlichen und privaten Interessen die Pflicht hat, Sorgfalt zu üben.


Die Schwierigkeiten eines Normalsterblichen, die mit juristischen Fachausdrücken nur so gespickten Dossiers zu lesen, geschweige denn diese zu verstehen, blenden wir hier für einmal vornehm aus.
Womit wir wieder zurück bei den amtlichen Medienstellen und der Empörung über deren Service-Leistung angelangt sind. Informationsbeauftragte des Bundes sind nun wirklich auch nicht immer zu beneiden. Die Bundesverwaltung ist auch eine Papierfabrik. Berge von Dossiers, Medienbulletins, Studien und Gutachten und täglich Medien-Anfragen bis zum Abwinken.


Hinzu summieren sich die vielen Bedürfnisse vorallem in Bezug auf die Profilierung vieler interner Protagonisten. So kann es schon sein, dass auch mal wetterfühlige Fragen von Medien einen geplagten Beamten aus der Fassung bringen können. Zum Beispiel jene, ob die eigene Departementschefin ein Piercing trage und wo. Dies eine Frage, bei der selbst der erfahrene Infochef dann doch eher zum Mittagessen geht, als sie umgehend zu beantworten.



 
Hans Klaus ist ehemaliger Informationschef von Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold im EJPD und heute Partner des Beratungsunternehmens KLAUS-METZLER-ECKMANN in Zürich.



Quelle Tagi online