Samstag, 4. Dezember 2010

Gottschalks Krisenbewältigung



Krisen kommen meist überraschend. Auch für Thomas Gottschalk in der letzten Sendung "WETTEN-DASS...?".
Unerwartet kam es vor laufender Kamera zu einem Horrorsturz. Bis anhin hatte es in der 29 jährigen Geschichte nie einen schweren Unfall während all seinen Live- Sendungen gegeben. Ich gehe davon aus, dass der Moderator so eine schlimme Szene früher einmal antizipiert hatte. Bei der letzten Sendung lag für Gottschalk ein anderes Problem in der Luft. Die Medien prophezeiten ihm einen weiteren Rückgang der Einschaltquoten. Bereits wurden Namen als Nachfolger Gottschalks genannt.
Doch dieses Problem war mit dem schlimmen Zwischenfall  vom Tisch.

Wenn eine schwierige Situation unverhofft eintritt, muss bei jeder UeberRASCHung antizyklisch gehandelt werden. Das Gegenteil von RASCH ist LANGSAM. Statt schnell und rasch zu handeln, muss bei Ueberraschungen ein gedanklicher STOPP eingeschaltet, muss ENTSCHLEUNIGT werden.  Obschon es dem Moderator die Sprache verschlagen hatte, nutzte er gemäss Krisenhandbuch eine kurze Pause, um zu überlegen, die Situation zu klären und zu entscheiden, die Sendung abzubrechen. Das war nach meinem Dafürhalten richtig.  Thomas Gottschalk hat uns damit veranschaulicht, dass in Krisensituationen eine Denkpause notwendig ist.


Offensichtlich waren auch die TV Macher überrascht und mussten nach dem ersten Schock Fuss fassen.



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Auf Sprungstelzen läuft Samuel auf das entgegenkommende Auto zu, springt mit einem Vorwärtssalto über den Audi A6. Die Landung misslingt. Er schlägt mit voller Wucht auf dem Boden auf, bleibt regunglos liegen. (Ringier Infographics)
Auf Sprungstelzen läuft Samuel auf das entgegenkommende Auto zu, springt mit einem Vorwärtssalto über den Audi A6. Die Landung misslingt. Er schlägt mit voller Wucht auf dem Boden auf, bleibt regunglos liegen. (Ringier Infographics)


Foto TAGI:




Ich zitiere BLICK:


Horror-Unfall bei «Wetten, dass..?»

Samuel Koch wollte über fahrende Autos springen. Doch er fiel zu Boden und blieb verletzt liegen. Thomas Gottschalks Live-Sendung wurde abgebrochen.



Dann die erste Wette: Samuel Koch (23) wollte mit gefederten «Springschuhen» über immer grössere, auf ihn zufahrende Autos springen. Insgesamt sollten es fünf sein. Beim ersten Wagen ging alles gut. Beim zweiten zögerte Samuel, brach den Sprung ab. Das dritte Auto meisterte er. Beim vierten Wagen aber stürzte Samuel und schlug knallhart auf dem Boden auf. Er blieb regungslos liegen.

Vater fuhr das Auto


Michelle Hunziker reagierte sofort. «Wir brauchen einen Arzt!», rief sie. Sara schlug auf der Couch die Hände vors Gesicht. Die Kamera schwenkte sofort vom 23-jährigen Wettkandidaten weg und aufs Publikum: auch dort herrschte grosse Betroffenheit. Samuels Mutter war ebenfalls unter den Zuschauern. Sein Vater fuhr ausgerechnet den Wagen, bei dem Samuel so schlimm stürzte.

Sendung abgebrochen
Nach einigen Minuten wurde entschieden, die Sendung zu unterbrechen, bis Samuels Zustand geklärt ist. Ein sichtlich geschockter Thomas Gottschalk meinte, so etwas sein ihm während seiner langen TV-Karriere noch nie widerfahren.

Nach ungefähr einer halben Stunde erschien der Moderator wieder auf dem Bildschirm. Samuel sei ansprechbar, könne seine Beine bewegen und sei auf dem Weg in die Klinik. Es gehe ihm den Umständen entsprechen gut, aber das ermögliche trotzdem keine Weiterführung der Show. Man habe beschlossen, die Sendung abzubrechen. «Wir fühlen uns verpflichtet, nicht auf heiter zu machen, wenn wir nicht heiter sind», begründete Gottschalk den Schritt.

«Ich habe immer gesagt, das wäre für mich das Allerschlimmste: wenn einem meiner Kandidaten etwas passiert», meinte der Moderator weiter.


Die Szene wurde sofort in einem Youtubefilm auf 20 Min gezeigt


(Das Fernsehen handelte vorbildlich. Der Unfall wurde nicht wiederholt - wie es bei Ski- oder Autorennen üblich ist).


Wie geht es mit WETTEN-DASS....? weiter?

Thomas Gottschalks Zukunft hängt weitgehend davon ab, wie es  dem Kandidaten gesundheitlich ergehen wird. Es werden sich viele Experten und Besserwisser zu Wort melden, die das Unglück schon lange vorausgesehen haben. Man wird intern klären, ob man nicht - der Quote wegen - die Risiken bewusst in Kauf genommen hat. Die Sendeverantwortlichen (ZDF) werden für  künftige Sendungen die Vorschriften verschärfen. Solche Wetten gehören jedenfalls der Vergangenheit an. Wetten können auch attraktiv sein - auch ohne ein grosses Gefahrenpotential.


I



Samuel Koch


Kandidat Samuel Koch – bei seiner waghalsigen Wette verletzte er sich
Foto: Andreas Thelen (für BILD)



Ein Millionenpublikum war Zeuge des Unfalls. Am Tag darauf waren die Bilder im Netz:



Thomas Gottschalks Worte am Bildschirm haben mich überzueugt:



21.03 Uhr: Gottschalk tritt zum zweiten Mal vor die Live-Kamera:


„Ich bringe es nicht fertig, die Sendung zu moderieren, ohne zu wissen, dass alles gut ist. Es ist für jeden Entertainer schwierig, seine Gäste nach Hause zu schicken. Hier sind Gäste wie Cher, die aus aller Welt angereist sind. Aber ich kann hier nicht weiter machen. Die Untersuchung wird eine Stunde dauern und ich weigere mich, weiterzumachen, ohne zu wissen, was los ist. Mir tut der Unfall mehr leid als alles andere. Ich fühle mich verantwortlich. Aber ich hatte bei den Proben nichts gemerkt."


teaser image
Kommunikationspannen des Bundesrates bestätigt


In zahlreichen Analysen stellten wir in rhetorik.ch seit Monaten fest, dass die Kommunikationsprozessen im Bundesrat  nicht koordiniert waren. Dass Einzelkämpfertum dominierte. Dass der Bundesrat nicht mit einer Stimme sprach und es immer wieder zu Indiskretionen kam. Dies wurde nun im GPK Bericht offiziell bestätigt.


Der Bundesrat habe in der Libyen-Affäre wie ein

wilder Hühnerhaufen agiert.

Doch auch die GPK  wird getadelt.








Ich zitiere Tagi:






Der GPK-Bericht dokumentiere das Bild eines zerstrittenen Regierungsgremiums, dessen Mitglieder unkoordiniert und in Überschreitung ihrer Kompetenzen agierten, meint der «Tages-Anzeiger». Tadel gibt's aber auch für die GPK selber, die hilflos wirke, wo sie Ratschläge für die Zukunft erteile. Die vorgeschlagenen Korrekturen seien kaum mehr als Kosmetik.
Der Kommentator der «Basler Zeitung» stellt fest, dass die GPK «handzahm auftreten» würde - mit «weichgespülten Sätzen, wattierter Kritik, wohlabgewogenen juristischen Ausführungen». Das sei ärgerlich, aber auch verständlich, da die diplomatische Krise mit Libyen noch nicht ausgestanden sei.


Calmy-Rey sollte nach Präsidialjahr gehen




Die Freiburger «La Liberté» geht besonders hart mit dem Bundesrat ins Gericht. Die Libyen-Affäre sei vor allem eine Affäre Merz und Calmy-Rey. Merz (und Leuenberger) seien jetzt zurückgetreten, Micheline Calmy-Rey tue gut daran, dies nach ihrem Präsidialjahr ebenfalls zu tun, rät der Kommentator.
Die «Tribune de Genève» bezeichnet Merz als «öffentliche Gefahr». Wenn er noch im Amt stehen würde, wäre seine Demission unausweichlich. Auch für die Genferin Micheline Calmy-Rey hat das Genfer Blatt nur Häme übrig. Sie habe für sich und gegen die anderen gearbeitet. Einzig durch die erfolgreiche Internationalisierung des Konflikts, habe sie sich die Wahl zur Bundespräsidentin 2011 gesichert.
Dass die EDA-Vorsteherin das Bundespräsidium übernehmen wird, «ist auch nicht eben ein Versprechen auf Besserung», hält die «Südostschweiz» fest. Der Bericht enttarne die Standardantwort des Bundesrates nach dem Zustand im Gremium als «Schönfärberei». Der Bericht sei «eine Blamage auf 98 Seiten», titelte «Blick Online».


Wie bei der UBS-Krise




Bei der Libyen-Affäre zeige sich dasselbe Bild, wie bei der UBS-Affäre, stellt das «St. Galler Tagblatt» fest. Der Bundesrat entpuppe sich in stürmischen Zeiten als Gruppe von Einzelkämpfern, die sich gegenseitig misstrauten.
Auch die «Neue Zürcher Zeitung» zieht einen Vergleich zur UBS-Affäre: Das letztlich positive Ergebnis stehe im Widerspruch zum mangelhaften Management und zur miserablen Kommunikation während der Krise. Das Kollegialsystem mit der Teilung der Verantwortlichkeiten stosse im ausserordentlichen Lagen zunehmend an Grenzen.
Der Kommentator in der «az-Gesamtausgabe» gab zu bedenken, dass der Bundesrat die schwierigste Schicksalsgemeinschaft überhaupt sei: «Sieben Alphatiere gleichberechtigt in einem Gremium - das ist der Versuch zur Quadratur des Kreises.» Problematisch werde das Dauerexperiment meist erst, wenn ein Problem internationale Dimensionen annehme. Dies dürfte aber in Zukunft häufiger der Fall sein.


Nachtrag 20 Min:



Bundespräsidentin Doris Leuthard zum GPK-Bericht
Im Grossformat auf dem Videoportal Videoportal
(Video: Mathieu Gilliand)
Foto 2. Dez: "Schneefeld" REUTERS