Abwarten oder vorpreschen?
Nicht alle Kandidaten finden die Balance zwischen "bewusster Zurückhaltung" und "sich rechtzeitig in Szene setzen".
Die Nachfolge von Moritz Leuenberger und Hans-Rudolf Merz wird am 22. September bestimmt. Die Parteien werden demnächst die Kandidaten küren. Vor diesem Zeitpunkt haben sich die Topanwärter völlig unterschiedlich verhalten.
Die Kronfavoritin der SP, die Berner Ständerätin Simonetta Sommaruga bekannte sich früh als Anwärterin. Die Basler Regierungsrätin Eva Herzog stieg erst heute ins Rennen. Der Berner Nationalrat Johann Schneider-Ammann und die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter sind in Lauerstellung.
Der Zürcher Nationalrat Ruedi Noser brachte sich in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» offensiv ins Spiel. War es nun richtig sich als Aussenseiter ins Gespräch zu bringen? Vielleicht konnte er durch dieses Vorpreschen punkten. Sein Name wird dadurch immerhin bekannt Doch besteht die Gefahr, dass er nach der negativen Stellungsnahme der Partei wieder am Horizont verschwindet.
Schneider-Ammann konnte es sich leisten zu warten, denn er kann sich der Unterstützung seiner Partei sicher sein.
Keller-Sutter müsste sich schneller entscheiden. Sie muss länger aufgebaut werden, zumal die SP sehr wahrscheinlich mit einer Frauenkandidatur ihre Chance schmälert, gewählt zu werden. Keller-Sutter will jedoch bewusst abwarten, bis sie weiss. ob sie an der Delegiertenversammlung der Kantonalpartei nominiert wird.
Die drei FDP-Männer aus dem Tessin, die sich selbst ins Gespräch gebracht haben (die Nationalräte Ignazio Cassis , Fabio Abate und der Regierungsrat Gabriele Gendotti) sind eher chancenlos. Sie müssten die anderen Kandidaten überragen.
Sommarugas Chancen sind intakt, zumal sie es in den Medien hervorragend gemacht hat. Sie wäre fähig, einen längeren Wahlkampf durchzustehen. Ihr Auftreten war bislang souverän. Obschon ihr die Exekutiverfahrung fehlt, überzeugt sie aus meiner Sicht als Person.