Ich zitiere Tagi:
600 Meter nördlich des Rheins ruft freitags der Muezzin aus 21 Metern über Boden zum Gebet. In der Ortschaft, die auf schweizerischer Flussseite gleich heisst wie auf der deutschen – nämlich Rheinfelden – , steht seit einigen Jahren eine Moschee. Und wöchentlich ertönt seit mehr als einem halben Jahrzehnt der Gebetsruf vom Minarett, ohne dass es deswegen zu gröberen Problemen gekommen wäre im Schwabenland. Auch aus der Schweiz, wo nirgendwo ein öffentlicher Gebetsruf zu hören ist, fahren viele Gläubige zum Beten in die Rheinfelder Alperenler-Moschee.
Doch nun, sieben Wochen vor der Abstimmung über die Anti-Minarett-Initiative südlich des Rheins, gibt es Ärger. Ein Vorstandsmitglied der türkisch-muslimischen Gemeinde Rheinfelden hat drei Lautsprecher auf dem Minarett angebracht. Der Mann tat dies eigenmächtig und provisorisch, wie ein Sprecher der Religionsgemeinschaft betont. Die Begründung für die Elektronikbastelei: Der Gebetsruf solle neu auch ab Band erfolgen, weil das Besteigen des Minaretts mühsam sei.
Kommentar: Mit dieser eigenmächtigen Handlung wird sich mancher Stimmbürger sagen, dass auch in der Schweiz nach dem Bau von Minaretten damit gerechnet werden muss, dass man sich auch hier nicht mehr an die Abmachungen hält und auf den Türmen plötzlich illegal Lautsprecher installiert werden könnten. Mit den montierten Lautsprechern haben die Gegner von Minaretten Aufwind bekommen. Dass deshalb die Initiative doch noch angenommen wird, wage ich zu bezweifeln.
Nachtrag Tagi:
Wer das Minarett trifft, hat gewonnen
Links
Zu Beginn des Spiels wird eine friedliche Landschaft gezeigt. Dann schiessen unzählige Minarette aus dem Boden und überziehen wie Speerspitzen das Land. Dies berichtet die Zeitung «Sonntag». Der Spieler muss auf die Gebetstürme zielen – jeder Treffer bringt ein Minarett zum Verschwinden. Wenn man nicht trifft, kommt der Muezzin auf das Minarett, der zum Gebet ruft.
«Heute lancieren wir das Spiel», sagt SVP-Nationalrat Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees zu dem Blatt. «Es ist online abrufbar und bekommt eine eigene Internetadresse.»
Entwickelt hat das Online-Game die Werbe- und PR-Firma Goal in Dübendorf – die Hausagentur der SVP, die bereits die umstrittenen Anti-Minarett-Plakate entwarf.
«Geschmacklos»
Mit dem Computerspiel reagiert das Initiativkomitee auf den Wirbel, den diese Woche eine Lautsprecheranlage auf einem Minarett im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet bei Rheinfelden auslöste. Dort rief der Muezzin mit 30 Watt Verstärkung zum Gebet – was bis in die Schweiz zu hören war. Inzwischen wurden die Lautsprecher wieder abmontiert.
Das Computer-Game sorgt für Empörung. «Geschmacklos», kommentiert Saïda Keller-Messahli, Präsident des Forums für einen fortschrittlichen Islam gegenüber dem «Sonntag»: «Die Schamgrenze ist überschritten.» Offenbar heilige der Zweck jedes Mittel, entrüstet sich Hisham Maizar, Präsident der Föderation islamischer Dachverbände der Schweiz: «Den Initianten ist alles recht, um die Volksmeinung zu beeinflussen.» Das Spiel suggeriere, der Muezzin sei der nächste Schritt: «Auf Schweizer Minaretten gab es noch nie einen Muezzin und es wird auch keinen geben.»Kommentar: Im Grunde genommen begann der ganze Wirbel mit dem Plakatverbot in Basel. Durch die heftige Diskussion über Verbot versus Meinungsfreiheit profitierte nur eine Seite: Die Initianten. Ohne den ganzen Wirbel wäre die Initiative still und eindeutig verworfen worden. Es bleibt zu hoffen, dass nun niemand mehr unbedacht Oel ins Feuer wirft.
Nachtrag So-Blick:
Seit vier Wochen streitet die Schweiz über die umstrittenen Plakate der Anti-Minarett-Initiative. Nächste Woche prangen sie von den Plakatwänden des Landes. In Basel, Freiburg, Lausanne, Morges VD, Neuenburg, Nyon VD und Yverdon VD sind die Politposter nur auf privatem Terrain erlaubt. Diese Städte haben den Aushang auf öffentlichem Grund verboten, weil ihnen die Botschaft diskriminierend erscheint. Das lassen sich die Minarettgegner nicht gefallen und blasen zum Gegenangriff. SonntagsBlick weiss:
Diese Städte sollen regelrecht mit Protestplakaten zugepflastert werden. Statt der verschleierten Frau mit Minaretten zeigen sie in grossen Lettern das Wort «Zensur» und den Slogan: «Trotzdem Ja zum Minarettverbot».
Damit entsteht in den Verbotsstädten wie Basel eine groteske Situation: Die Initianten decken die Bevölkerung dort gleich mit zwei Botschaften ein. Auf privatem Boden mit Anti-Minarett-Propaganda, auf öffentlichem Grund mit dem Vorwurf an die Behörden, das Verbot sei Zensur. Dabei kann das Komitee aus dem Vollen schöpfen. Mittlerweile verfügen die Minarettgegner laut Geschäftsführer und SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer (65) über eine Kriegskasse von mehr als einer Viertelmillion Franken – vor einem Monat lag der Spendenstand noch nahe bei null. Diese Woche erhielten die Initianten die erste Verbotsverfügung. Absender war die Stadt Basel. Schlüer will Rekurs einlegen: «Ein Gericht muss die staatlichen Zensoren zur Räson bringen.» Während die linksliberalen Kreise rund um Georg Kreis (65), Präsident der Antirassismus-Kommission, weiter gegen das erste Plakat Sturm läuft, provozieren die Minarettgegner munter weiter. Auf ihrer Homepage schalten sie heute das Spiel «Minarett-Attack!» auf. Dabei schiessen Minarette aus dem Boden, die mit Stopptafeln abgefangen werden können. Gelingt das nicht, winkt ein Muezzin vom Turm. Wer die meisten Minarette verhindern kann, gewinnt.