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Bundesrat Schmid wirft den Bettel hin
Bundesrat Samuel Schmid hat in einer emotional vorgetragenen Erklärung seinen Rücktritt auf Ende Jahr bekanntgegeben. Er demissioniere mit Rücksicht auf seine Gesundheit, seine Familie, sein Land und die Armee, sagte er als Begründung.
Adrian Amstutz (SVP/BE), einer der Kandidaten für die Nachfolge Schmids. (Weitere Kandidaten gibts hier).
Das neugewählte Mitglied des Bundesrats tritt sein Amt spätestens zwei Monate nach seiner Wahl an, wie es im Gesetz weiter heisst.
Bundesrat Samuel Schmid verlas heute um 10 Uhr vor den Medien mit bewegter Stimme eine persönliche Erklärung, in der er seinen Rücktritt auf den 31. Dezember 2008 bekannt gab. Er hielt Rückschau auf seine Amtszeit. Er habe heute Morgen den Gesamtbundesrat darüber informiert, sagte er.
Der abtretende Verteidigungsminister habe in den acht Jahren im Bundesrat mit Freude im Verteidigungsdepartement gearbeitet. Er zeigte sich auch überzeugt, in dieser Zeit die Grundlagen für die Weiterführung der kommenden Aufgaben aufgegleist zu haben.
«Ich demissioniere meiner Gesundheit, meiner Familie, meinem Land und der Armee zuliebe», sagte Schmid mit Tränen in den Augen.
Rücktritt vor dem Showdown
Obwohl über den Rücktritt von Schmid seit längerer Zeit spekuliert wurde, kommt die Demission am heutigen Tage überraschend. Gestern feierte Schmid einen Erfolg. Das Rüstungsprogramm wurde von der vorberatenden Kommission des Nationalrats angenommen, die Zustimmung in der Wintersession ist absehbar.
Dennoch hätte ihn Ende November und Anfang Dezember neuen Ungemacht erwartet. Die Geschäftsprüfungskommission veröffentlicht Ende November einen Zwischenbericht zur Affäre Nef. Und am
Nun findet dann die Wahl seines Nachfolgers statt. Das Kandidatenkarussell beginnt zu drehen.
Durch den Rücktritt Schmids werden nun die Karten für die Bundesratswahlen vom kommenden
Kommentar: Auch ich hätte Bundesrat Schmid geraten, zurückzutreten. Ich bin sicher, dass er während des Spitalaufenthaltes über seine Situation eingehend nachgedacht hat.
- Mit dem Rücktritt ist er nun aus dem Schussfeld der SVP. Die SVP hat jetzt selbst ein Problem mit der Nachfolge. Sie hatte zu viele interne Fragen noch nicht geklärt. Sie wurde am linken Fuss erwischt.
- Das nachträgliche Wäschewaschen im Fall Nef ist mit dem Rücktrittvom Tisch.
- Wie bei Beerdigungen werden nun die Medien mit dem Verkehrsminister sicher gnädiger verfahren. Er wird nicht als Sesselkleber in Erinnerung geblieben wäre. Jetzt wird er als guter, väterlicher Bundesrat gelobt, der das Beste wollte. Imagemässig kann Schmid somit mit seinem Rücktritt nur gewinnen.
- Ich hatte fruher wieder gehofft, Schmid befreie sich von allen Fehlentscheidungen, indem er offen zugibt: Ich habe diesen und jenen Fehler gemacht oder hier und dort nicht die Wahrheit gesagt. Diesen Schritt eines MEA CULPA hatte er leider verpasst. Jetzt hat er immerhin nachträglich einen mutigen Entscheid gefällt und wartete nicht noch länger zu.
Bundesrat Schmid bei der Pressekonferenz vom Mittwochmorgen
Dieser Auftritt überzeugte mich. Bundesrat Schmid sprach bedacht. Die Formulierung las er ab. In so einer wichtigen Situation, wenn jedes einzelne gesprochene Wortzählt, war dies bestimmt richtig. Bei den Worten GESUNDHEIT, FAMILIE waren die Emotionen in seiner Stimme gut hör- und spürbar. Die sonore Radiostimme wurde etwas gebrochen und ein Hüsteln signaliserte, dass er emotional bewegt war. Den heutigen Auftritt fand ich glaubwürdig und der Situation angemessen. Am Nachmittage wird dann der Verteidigungsminister um 1500 Uhr Fragen beantworten.
Zur zweiten Medienkonferenz:
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Die Attacken auf seine Person haben Samuel Schmid mehr zugesetzt als bisher vermutet. Er übte im zweiten Auftritt scharfe Kritik an der SVP und rechtfertigte seinen Austritt aus der Partei. Der abtretende Bundesrat musste die Pressekonferenz wegen Nasenblutens kurzzeitig unterbrechen.
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Kurz nach seiner Rede vor den Medien kam es zu einem kleinen Zwischenfall. Bundesrat Samuel Schmid blutete unvermittelt aus der Nase. Weil Schmid die Blutung nicht sofort stoppen konnte, verliess er den Saal. Die Pressekonferenz wurde kurzzeitig unterbrochen. Das Nasenbluten ist offenbar auf die Einnahme eines Medikaments zur Blutverdünnung zurückzuführen. Seit dem Frühjahr müsse er Medikamente einnehmen, sagte Schmid, der nicht nur auf Grund dieses Zwischenfalls gesundheitlich angeschlagen wirkte.
Kurzfristiger Entscheid
Zugesetzt haben Schmid nicht zuletzt die Angriffe der SVP auf seine Person. Dies verdeutlichte er mit folgender Aussage: «Man darf dem Druck nicht nachgeben.» Damit begründete Schmid, weshalb er nicht schon früher zurückgetreten ist. Er habe sich auch überlegt, die Demission erst im Dezember bekannt zu geben.
Den definitiven Entscheid hat der abtretende Bundesrat dann aber sehr kurzfristig gefällt. «Der Entscheid ist in der letzten Nacht gefallen», sagte Schmid vor den Medien. Keine Rolle habe dabei der GPK-Bericht über die Affäre Schmid/Nef gespielt, der noch in diesem Monat vorliegen wird. Doch nach seiner Operation an der Gallenblase und den gesundheitlichen Problemen, die Schmid seit dem Frühjahr plagen, wollte der VBS-Chef nicht mehr weitermachen. «Man soll sein Schicksal nicht forcieren», sagte er mit Blick auf seinen Gesundheitszustand.
Als im Sommer die Affäre Nef publik wurde, geriet der VBS-Vorsteher immer stärker unter Beschuss: «Das war sicher die schwierigste Zeit», blickte Schmid heute auf diese Zeit zurück.
Kritik an der SVP
Seine Enttäuschung gegenüber der SVP konnte Schmid während der gesamten Rede nicht verbergen. «Die Konkordanz ist jetzt mehr denn je auf dem Prüfstand», sagte er. Es brauche Bereitschaft zum Kompromiss, sagte Schmid. Eine Bereitschaft, die er in den Reihen der SVP praktisch während seiner gesamten Amtszeit vermisste. Er habe den Preis der Unabhängigkeit bezahlt mit dem Rauswurf aus der Fraktion und Verunglimpfungen gegen seine Person, stichelte Schmid weiter gegen seine frühere Partei. «Namhafte» SVP-Mitglieder hätten ihm nach dem Rauswurf von Blocher gesagt, er könne nur in der Partei bleiben, wenn er schweigen würde. Dazu war Schmid aber nicht bereit. Nun hoffe er, dass sich die Polarisierung der letzten Jahre noch korrigieren lasse
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«Politische Erpressung gehört nicht zur Schweiz»
«Politische Erpressung hat in diesem Land nichts zu suchen», kritisierte Schmid seine ehemaligen SVP-Parteikollegen weiter. Und «dogmatische Polemik» sei nicht tolerierbar. Zu den Werten der Schweiz zählten unter anderen «politische Unerpressbarkeit und auch Grundvertrauen in Menschen.»
Schmid konnte trotz den Angriffen gegen seine Person aber auch Höhepunkte seiner Amtszeit vermelden: «Ich habe alle Abstimmungen gewonnen», sagte er. Aber auch sein Jahr als Bundespräsident nannte Schmid als ein Highlight.
Jetzt setzt Bundesrat Samuel Schmid den Angriffen ein Ende. Per 31. Dezember tritt er zurück. Mit einem Hauch von Patriotismus sagte Schmid: «Ich tue es meinem Land zuliebe».
Hoffentlich auch sich zuliebe!
2. Medienkonferenz:
Schmid dachte schon im Sommer an Rücktritt
Aktualisiert am 12.11.2008 134 Kommentare
Kauft er sich jetzt einen Hund?
Nach seinem Rücktritt aus dem Bundesrat will sich Samuel Schmid wieder einen Hund zulegen. Das hat er an der Medienkonferenz - von Tränen übermannt - beiläufig verraten. Viele Stunden war der Verteidigungsminister früher mit seinen beiden Hündinnen über Land gegangen. Seit dem Tod der Tiere musste er darauf verzichten. Zeitungsberichten zufolge verbot ihm seine Frau die Anschaffung eines neuen Hundes für die Zeit, in der er noch dem Bundesrat angehöre.
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«Ich demissioniere meiner Gesundheit, meiner Familie, meinem Land und auch der Armee zuliebe»: Mit diesen Worten hat Samuel Schmid an einer überraschend einberufenen Medienkonferenz seinen Rücktritt auf Ende Jahr angekündigt.
Obwohl lange über eine Demission spekuliert worden war - die Rücktrittsankündingung des 61-jährigen Verteidigungsministers kam doch zu einem überraschenden Zeitpunkt. Das Zerwürfnis mit der SVP, die Affäre Nef sowie andere Probleme und nicht zuletzt der Gesundheitszustand dürften den Ausschlag gegeben haben.
Höhepunkte seiner Karriere
Als Höhepunkte seiner Karriere nannte Schmid die Volksabstimmungen, die er allesamt gewonnen habe. Auch die Rüstungsgüter habe er - mit Ausnahmen - durchgebracht. Zudem hat die Armee laut Schmid alle Aufträge erfüllt, obwohl die Karten in den letzten Jahren «vollständig neu gemischt» worden seien.
Gerne erinnert sich Schmid auch an sein Präsidialjahr. Dieses sei für ihn und seine Familie wichtig gewesen. Er habe in der Zeit mit allen Präsidenten der grössten Länder der Welt persönlichen Kontakt gehabt.
Kreislaufprobleme
Schon seit Frühsommer leidet Schmid unter Kreislaufproblemen. Er musste für eine kurze ambulante Behandlung sogar ins Spital. Seither müsse er diverse Medikamente einnehmen, «unter anderem eben auch Blutverdünner», sagte Schmid in Anspielung auf sein Nasenbluten während der Medienkonferenz – die dann kurz unterbrochen wurde.
Der Gedanke an einen Rücktritt sei damals schon aufgekommen. Im Juli/August sei die Belastung dann gelegentlich so massiv geworden, «dass ich mir diese Gedanken auch konkret machte». Zusammen mit politischen Weggefährten habe er aber damals beschlossen, «dass man diesem Druck nicht nachgeben darf».
Er habe sich damals vorgenommen, noch das Rüstungsprogramm 2008 zum Erfolg zu führen. Nach dem klaren Entscheid der Sicherheitspolitischen Kommission sei das Rüstungsprogramm auf gutem Weg. Er sei zuversichtlich, dass das Programm im Dezember im Parlament eine Mehrheit finden werde.
Er habe sich überlegt, den Rücktritt erst im Dezember anzukündigen, sagte Schmid. Aber dadurch wäre ein Wechsel erst im Frühjahr möglich geworden. «Die letztmögliche Frist war der heutige Tag.»
Lob für Widmer-Schlumpf
Samuel Schmid rühmt Eveline Widmer-Schlumpf als gute Politikerin und hat keine Befürchtungen, dass sie nun als BDP-Bundesrätin alleine dastehe. Er sagte, dass er vorher ja auch alleine war und es sich damit gut leben lasse.
Der Rücktrittsentscheid sei die letzte Nacht daheim gefallen. Die politischen Diskussionen hätten keine Rolle gespielt. Er sei nicht Geisel der anderen.
Heute fühle er sich wieder leistungsfähig, so Samuel Schmid. Man dürfe aber die Gesundheit nicht herausfordern, und so betrachte er den Vorfall mit der Gallenblase und die Kreislaufprobleme auch als Zeichen. Schmid sagte auch, dass er seit 40 Jahren rege politisiere und jeder selber entscheiden oder merken müsse, wann es Zeit zum Rücktritt sei.
Er habe während all den Jahren mit Freude im Bundesrat gearbeitet. Unter anderem eine zivile Struktur des Nachrichtendienstes aufgebaut und «wir haben Voraussetzungen geschaffen um Vorsorgeplanungen zu realisieren», sagte Samuel Schmid vor den Medien. Dass auch Fehler gemacht wurden, gehöre dazu.
Persönliches sei kein Thema
«Was ich persönlich in den vergangenen Monaten erlebt habe, soll hier nicht Thema sein», betonte er. Samuel Schmid dankt allen und sagt, er habe in diesen acht Jahren grosse Achtung vor all den Militärangehörigen bekommen. Diese hätten hochstehende Arbeit zur Reform der Sicherheitsdienste geleistet. In der festen Überzeugung, einen Beitrag dazu geleistet zu haben, trete er zurück. Nicht erst in den letzten Tagen habe er bemerkt, welch fragiles Gut die eigene Gesundheit sei. Dies gehe zu oft vergessen, genau wie auch die Seele, und man ermatte, ohne dies zu merken, sagte Schmid.
Schmid steht zur Konkordanz
Er kritisiert die Verbindung von Persönlichem und der Sache. «So nahe am Volk wie die Regierung ist niemand». In den vergangenen Wochen habe er aber auch viel Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten. «Dies wäre ein Grund zu bleiben», sagt er. Und betont: «Politische Erpressung hat nichts zu suchen in diesem Land.»
Die Bekanntgabe seines Rücktritts macht dem Bundesrat sichtlich zu schaffen, er kämpfte mit den Tränen.
Ende der Polemiken
Die Nachricht von Schmids Demission wurde mit Bedauern und Verständnis aufgenommen. Die Offiziersgesellschaft hofft auf eine Ende der Polemiken rund um die Armee. Auch die Sportverbände verlieren einen guten Partner. Sie hoffen auf einen würdigen Nachfolger, der sich mit Engagement für die Anliegen des Sports einsetzen wird.
Schmids Nachfolger im Verteidigungsdepartement wird am 10. Dezember von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt. Eine Departementsrochade nach der Ersatzwahl scheint ausgeschlossen.