Offene Fragen zur Sicherheitsprüfung
Roland Nef sei kein Sicherheitsrisiko, befanden Schmids Kontrolleure vor dem Amtsantritt des Armeechefs. Nun fragt sich, ob sie patzten.
<> Vorerst hat Armeechef Roland Nef Urlaub.
Hat der inzwischen beurlaubte Roland Nef seiner früheren Lebenspartnerin Männer auf den Hals gehetzt, die auf Sex aus waren?
Der Vorwurf, den die «SonntagsZeitung» publik gemacht hat, steht weiterhin unwidersprochen im Raum – und wirft Fragen nach der Qualität der Personensicherheitsprüfung auf, der Nef vor seinem Amtsantritt als Armeechef unterzogen wurde.
Die nationale Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen, die im Departement von Verteidigungsminister Samuel Schmid angesiedelt ist, erliess im Fall Nef eine «positive Risikoverfügung», wie Departementssprecher Sebastian Hueber am Dienstag bekräftigte. Dies bedeutet, dass sie in Nef kein Sicherheitsrisiko sah.
Risiko der «Erpressbarkeit»
«Als Sicherheitsrisiken gelten nach der Praxis der Fachstelle insbesondere Terrorismus, verbotener Nachrichtendienst, gewalttätiger Extremismus, kriminelle Handlungen, Korruption, finanzielle Probleme, Abhängigkeiten, Erpressbarkeit und exzessiver Lebenswandel», wie die frühere Rekurskommission VBS in ihren Entscheiden zu Personensicherheitsprüfungen wiederholt festgehalten hat. Sind all diese Risiken laut den Prüfern des VBS bei Nef also nicht vorhanden gewesen ?
Es fragt sich allerdings, ob der angehende Armeechef tatsächlich nicht erpressbar war. Ein genereller Hinweis, wie sich dieses Risiko einschätzen lässt, findet sich in einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom August 2007: «Bei der Beurteilung einer allfälligen Erpressbarkeit gilt es herauszufinden, ob die betroffene Person bestimmte Tatsachen, welche sie in ein schlechtes Licht rücken könnten, gegenüber seinem Arbeitgeber oder seinem privaten Umfeld verschweigen will.»
Sollte es tatsächlich zutreffen, dass Nef im Namen seiner ehemaligen Lebenspartnerin auf Sexinserate geantwortet und sogar solche aufgegeben hatte , würde ihn dies zweifellos in ein schlechtes Licht rücken. Seinem Vorgesetzten Schmid hatte Nef soweit bekannt nur gesagt, dass eine Strafuntersuchung wegen einer privaten Sache laufe, die Einstellung aber absehbar sei.
«Spektakelwert eines Delikts»
Die frühere Rekurskommission VBS ist in einem Urteil von 2004 noch auf einen anderen Aspekt der Erpressbarkeit eingegangen: den «Spektakelwert eines Delikts». Dieser falle bei der Risikobeurteilung dann ins Gewicht, wenn der Beurteilte aus Furcht vor einer «öffentlichen Anprangerung» erpressbar werden könnte.
Vorderhand bleibt unklar, ob die Fachstelle in Nefs Fall eine allfällige Erpressbarkeit sorgfältig abgeklärt hat. Sie könne wegen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes keine weiteren Auskünfte geben, teilte Armeesprecher Christoph Brunner mit.
Wenn Nef einverstanden ist, kann aber Bundesrat Schmid als Arbeitgeber die Unterlagen zur Sicherheitsprüfung anschauen. Diese wird auch am kommenden Freitag ein Thema sein, wenn die Sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat zusammentreten. «Im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren werden wir auch Fragen zur Zweckmässigkeit sowie zur Art und Weise der Personensicherheitsprüfung stellen», ist für SVP-Nationalrat und Kommissionspräsident Bruno Zuppiger klar. Ein Thema werde auch sein, wann eine Sicherheitsprüfung durchgeführt werden solle – ob bereits vor der Wahl oder erst vor dem Amtsantritt. Nach bisheriger Praxis werden Bundesangestellte oft erst bei Amtsantritt geprüft.
Familie, Freunde, Schulden
Dem Sicherheitscheck müssen sich alle jene stellen, die beim Bund regelmässig weit reichenden Einblick in die Regierungstätigkeit oder wichtige sicherheitspolitische Geschäfte haben – oder die über wesentliche Geheimnisse Bescheid wissen. Das können nicht nur Angestellte des Bundes, sondern auch Armeeangehörige, Angestellte der Kantone oder Mitarbeiter von Firmen sein, die zum Beispiel Rüstungsaufträge ausführen.
Je wichtiger die Position ist, die jemand einnimmt, desto genauer wird er in der Regel durchleuchtet: enge persönliche Beziehungen, familiäre Verhältnisse, finanzielle Lage, Beziehungen zum Ausland, Aktivitäten, welche die Sicherheit der Schweiz gefährden könnten – all das ist im Staatsschutzgesetz ausdrücklich vorgesehen. Wer überprüft wird, weiss das, weil er sich vorgängig mit seiner Unterschrift einverstanden erklären muss. Er erlaubt damit den Kontrolleuren, alle möglichen Datenbanken von Polizei-, Staatsschutz- oder Betreibungsbehörden zu durchforsten.
36'000 Sicherheitsprüfungen
Sicherheitsprüfungen sind viel häufiger, als gemeinhin vermutet wird. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 36'000 Prüfungen eingeleitet. Im Departement Schmid sind für diese Arbeit normalerweise 9,8 Vollzeitstellen eingeplant. «Momentan ist dieses Team mit 3 zusätzlichen temporären Arbeitskräften verstärkt», wie Armeesprecher Brunner bekannt gab.
2007 wurde etwa in der Hälfte der Fälle der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) – also die Staatsschützer im Bundesamt für Polizei – beigezogen, wie aus dem Rechenschaftsbericht des Amtes hervorgeht. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) konsultiert die Kantonspolizeien an all jenen Orten, an denen der zu Prüfende in den fünf Jahren vor dem Sicherheitscheck wohnhaft war, wie Fedpol-Sprecherin Danièle Bersier erklärt. Das Fedpol gebe die Informationsberichte der Polizeistellen an die Fachstelle im VBS weiter, sagt Bersier. Es nehme aber selber keine Einschätzungen vor.
Quelle Blick online
Wir werden am Freitag auf die Beantwortung dieser Fragen zurückkommen