Schröder war bislang der ausgefeilteste Medienprofi. Er galt als der Medienkanzler, auch Brioni-Kanzler genannt. Dann kam Angela Merkel. Sie schien den Medien gegenüber sehr zurückhaltend zu sein. Im Spiegel 25/08 ist im Beitrag "Det is keen Bild hier", wie Merkel die Medien in den Griff kriegte und insgesamt viel ausgefeilter mit der Presse umgeht als Schröder.
Merkels Medienstrategie
NAch dem Spiegelbeitrag schafft Merkel Anlässe, baut Erwartungen auf, um geheime Bereichterstattungen und gute Bilder zu generieren. Für das Bild Merkels zu Rettung des Klimas (vor einem kalbernden Gletscher) sei sie nach Grönland geflogen.
Abschon die Mächtigste der Welt die Klimaziele bereits vergessen haben, bleibt das Bild Merkels mit den acht Mächtigsten der Welt - im grössten Strandkorb der Welt - verewigt.
Die Kanzlerin verfasst angeblich Drehbücher mit detaillierte Angaben zur Lichteinstellung, Aufnahmewinkel, Distanz. Sie will alles unter Kontrolle haben. Si beschäftigt ein ganzes Optik-Team:
Die Propagandamaschinerie des Bundespresseamtes kostet allein 80 Millionen Euro im Jahr.
Merkel überlässt nichts dem Zufall. Es ist tatsächlich spannend zu beobachten, welche Bilder es gibt und welche nicht.
Die Kanzlerin wünscht nur Gefälliges über sich.
Sie will keine Aufnahmen im Gehen, von Hinten oder von der Seite!
Der Gipfel der Selbstinszenierung war das Bild mit dem ausgeschnittenen Ballkleid (Opernbesuch in Oslo).
Fazit: Merkel arbeitet viele stärker als ihr Vorgänger mit den Medien. Als DDR Regierungssprecherin lernte sie es schon: Nur wer die öffentliche Meinung gewinnt, d.h. nur wer in der veröffentlichen Meinung überzeugen kann, setzt sich langfristig durch. Die neue Bundeskanzlerin überlässt deshalb nichts dem Kalkül. Sie weiss ganz genau, welch symbolhafte Wirkung Bilder haben.