Wir plädierten immer für eine klare Grenzziehung zwischen Privatheit und Oeffentllichkeit. Immer mehr stellen wir fest, dass Prominente Privates ins Schaufenster stellen und stolz Intimes preisgeben. Aus unserer Sicht ist dies ein fahrlässiger Fehler. Vor Mikrofon und Kamera verlieren immer mehr - der sonst so zugeknöpften Prominenten - aus unverständlichen Gründen sämtliche Hemmungen. Im «Doppelpack», dem samstäglichen Interview des People-Magazins «Glanz und Gloria», gaben die Stars seit August reihenweise detaillierte Auskunft über ihr Sexleben.
«Selbstverständlich onaniere ich», verriet der sonst so intelligente Ursus vom Clownduo Ursus und Nadeschkin. «Das klappt überall.» Auch Ex-Miss-Schweiz Karina Berger erzählte, sie befriedige sich «ab und zu» selber.
«Wir schauen oft Pornos», gab Beat Breu mit seiner Verlobten Heidi Stampfli dem Publikum preis. Auch Ex-Miss Lauriane Gilliéron prahlte mit Nahverkehrs-Erlebnissen. Wetterfrosch Jörg Kachelmann sogar mit Sex bei 120 Kilometern pro Stunde und fügte bei - als finde er es lustig - «und trotzdem passierte kein Unfall».
Epiney kam Jahren immer wieder auf seine Homosexualität zu sprechen.
Ex-Miss Fiona Hefti gestand dem Fernsehpublikum, sie habe schon Orgasmen vorgetäuscht.
Diese hemmungslose Offenheit bei unseren Stars kannten wir bislang nicht!
"Das ist meine Privatsache!"
Wir fragen uns: Haben sich die Zeiten geändert oder sind die Promis heute naiver geworden und glauben, es gehöre zum guten Ton, dem ganzen Land Einblicke in ihr Schlafzimmer zu gewähren?
Das unbedachte Verhalten könnte damit begründet werden:
Die Stars werden unablässig mit derartigen direkten, persönlichen Fragen bombardiert. Sie werden überrascht und haben das Gefühl, dass ihre Kollegen angeblich "mutig und offen" das Intimleben vor Mikrofon und Kamera preisgeben und meinen, das müssten sie ebenfalls tun. Das gehöre zu einer modernen offenen Haltung. Viele Promis haben nicht gelernt, diese intimen Fragen zu antizipieren und intime Fragen konsequent mit einer vorformulierte Standard-Antworte zu stoppen. Wenn andere so "blöd" sind und sich aufs "dünne Eis" begeben, haben sie das Gefühl, man müsse mithalten oder sie lassen sich im Trommelfeuer der Fragen (Ueberraschungs- und Wiederholungstaktik) weichklopfen. Dazu kommt, dass sie von den Journalisten für diese "Offenheit" meist gelobt werden.
Die angebliche Offenheit bei Interviews scheint heute keine Grenzen mehr zu haben.
Männer beichten ohne Wimpernzucken über den Bordellbesuch: «Klar war ich schon im Puff», sagten DJ Antoine, Breu und Kilchsperger. Kilchberger ging sogar so weit und behauptete, wer vor dem 34. Altersjahr nicht für Sex bezahlt hat, habe nicht richtig gelebt.
Intimes öffentlich machen- Ja oder Nein?
«Der Trend zum Outing wird immer stärker», sagt der Schweizer Medienexperte Roger Blum. Zitat Sonntagsblick:
Früher wäre es keinem Homosexuellen eingefallen, zu seinen sexuellen Vorlieben zu stehen, heute zerfliessen die Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem. Dass die Menschen offener würden, sei an sich positiv, so Blum. «Doch es gibt eine Grenze: Die Privatsphäre. Sie sollte als Schutz dienen.» Blum stellt fest, dass diese Grenze am Verwischen ist. Der bekannte Berner Paartherapeut Klaus Heer teilt Blums Einschätzung:
«Unsere Medien sind voll nackter Haut. Und sie sind geschwätzig wie nie, wenn es um Sex geht. Es sieht so aus, als wären wir alle offen bis in unsere letzten Schamfalten. Wer mag da schon zickig und verklemmt erscheinen und die Aussage verweigern, wenn er nach sexuellen Intimitäten gefragt wird?».
Kommentar:
Es hat nichts mit Verklemmtheit oder mit einem zickigem Verhalten zu tun, wenn prominente Persönlichkeiten eine klare Grenze zwischen Privatheit und Oeffentlichkeit ziehen.
Aus meiner Beratertätigkeit habe ich immer wieder erlebt, dass all jene, die konsequent Intimes für sich behalten konnten, langfristig besser gefahren sind, als jene angeblich offenen "Plauderis". Das konsequente Verhalten geht leider kaum ohne Training. Es bedarf einer gehörigen Portion Standhaftigkeit. Vor allem bei überraschenen Fragen oder wenn Journalisten Druck ausüben