Interview im Bild online
Es war der TV-Eklat des Jahres! Vor sieben Tagen hatte Johannes B. Kerner seine TV-Kollegin Eva Herman aus seiner Sendung hinauskomplimentiert. 50 Minuten hatten der Moderator und seine Gäste mit Eva Herman über deren missverständliche Äusserungen zu Hitlers Familienpolitik gestritten. Seitdem schwieg die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin. Bild gab sie nun ein Interview und spricht über den Rauswurf.
BILD: Frau Herman, seit Ihrem spektakulären Rauswurf ist eine Woche vergangen. Wie geht es Ihnen?
Eva Herman: „Mir geht es den Umständen entsprechend trotzdem gut. Weil ich im Kreise meiner Familie bin. Weil ich von vielen Menschen Zuspruch erfahre. Und weil ich im Urlaub bin.“
BILD: Was war Ihr spontaner Gedanke, als Johannes B. Kerner Sie rauswarf?
Herman: „Ich hatte die ganze Zeit vorher überlegt, ob ich selbst das Studio verlasse. Aber ich befürchtete den Vorwurf, dass ich ausweichen oder mich nicht stellen würde. Als Johannes Kerner mich dann verabschiedete, war ich auch ein Stück erleichtert – weil damit ein fast einstündiges Entsetzen beendet wurde.“
BILD: Was haben Sie nach dem Rauswurf gemacht?
Herman: „Ich bin nach Hause gefahren und habe mir mit meiner Familie und Freunden die Aufzeichnung angesehen. Wir haben lange über die Sendung diskutiert. Vor allem über das, wofür ich eintrete – für christliche Werte, für Familie, für Nächstenliebe. Im Nachhinein ist meine Erkenntnis, dass das in der Sendung nicht ohne Widerspruch diskutiert werden konnte.“
BILD: Bereuen Sie Ihren Auftritt?
Herman: „Nein, schließlich hatte ich die Möglichkeit, Dinge aus meiner Sicht erzählen und begründen zu können. Wenngleich mir diese Möglichkeit einige Teilnehmer der Sendung gar nicht erst geben wollten.“
BILD: Sind Sie böse auf Johannes B. Kerner?
Herman: „Nein, ich bin ihm nicht böse. Ich glaube, dass ihm die Situation entglitten ist. Allerdings frage ich mich, wie ihm ein Satz über die Lippen kommen konnte, mit dem er die Mütter diskreditiert, die zu Hause bei ihren Kindern bleiben.“
BILD: Hatten Sie später noch Kontakt?
Herman: „Johannes Kerner versuchte mich an dem Abend noch telefonisch zu erreichen. Das war zwei Stunden nach der Aufzeichnung. Aber ich war nicht am Telefon. Was er wollte, weiß ich nicht.“
BILD: Stimmt es, dass Sie die Ausstrahlung der Sendung juristisch verhindern wollten?
Herman: „Nein, dafür gab es auch keinen Grund. Jeder sollte eins zu eins hören, wie die Sendung verlief. Was letztlich daraus wurde, hat Johannes Kerner ganz allein zu verantworten. Ich glaube, er war einfach überfordert."
BILD: Ihr Rauswurf war das alles beherrschende Thema der vergangenen Woche. Was denken Sie, wenn die „Welt Kompakt“ schreibt: „Herman spaltet Deutschland“?
Herman: „Vermutlich liegt es an der Art und Weise, wie ich aus dieser Sendung verabschiedet wurde. Aber auch daran, dass vielleicht doch einigen Menschen klar wurde, dass es Menschen nicht leicht haben, die für Thesen kämpfen, wie ich sie vertrete. Da es um Grundwerte der Menschengemeinschaft geht, fühlen sich sehr viele Menschen betroffen.“
BILD: Haben Sie alles gelesen, was in den Zeitungen stand?
Herman: „Nein, wie denn auch bei dieser Menge? Ich habe unzählige Briefe und E-Mails bekommen, die ich noch nicht alle lesen konnte. Für mein Gästebuch sind fast 10 000 Einträge gekommen, die alle nach und nach veröffentlicht werden.“
BILD: Was hat Sie am meisten verletzt?
Herman: „Ich möchte nichts rausgreifen. Nur so viel: Erst sollte ich nach rechts geschoben werden. Und als das nicht wirklich gelungen ist, versuchte man mir Doofheit zu unterstellen.“
BILD: Die rechtsextreme DVU wollte eine Demonstration für Eva Herman und die Meinungsfreiheit veranstalten ...
Herman: „Ich habe bei allen diesen Ansinnen sofort meinen Anwalt eingeschaltet und klar Stellung bezogen, dass ich diese Vereinnahmung aus tiefster Überzeugung ablehne und mich davon in schärfster Form distanziere. Wer meinen Namen in diesem Zusammenhang benutzt, tut dies gegen meinen ausdrücklichen Willen.“
BILD: Können Sie sich vorstellen, in der Politik zu arbeiten?
Herman: „Klares Nein! Erstens hätte ich dann keine Zeit mehr für meine Familie. Außerdem könnte ich dann nicht mehr sagen, was ich sagen möchte, weil ich an ein Parteiprofil gebunden wäre.“
BILD: Sie haben sich in der Sendung mit Herrn Kerner geduzt. Sind Sie befreundet?
Herman: „Nein, ich kenne ihn nur sehr oberflächlich.“
BILD: Ihre Freundin und Kollegin Bettina Tietjen hat sofort nach ihrem NDR-Rauswurf gesagt, es sei die richtige Entscheidung gewesen ...
Herman: „Dazu möchte ich mich nicht äußern.“
BILD: Haben Sie überhaupt Freunde?
Herman: „Ja, einige sogar. Aber in Situationen wie diesen kann man schnell erkennen, wer die wahren Freunde sind.“
BILD: Warum stoßen Sie bei so vielen Menschen auf Ablehnung?
Herman: „Früher war ich laut Umfragen eine der beliebtesten Moderatoren Deutschlands. Meine Vision, dass moderne Frauen zwischen verschiedenen Lebensentwürfen frei wählen können, ist zurzeit noch ein schwieriges Thema. Aber ich glaube, es gibt einen bedeutsamen Unterschied zwischen der öffentlichen Meinung und der veröffentlichten Meinung.“
BILD: Möchten Sie wieder Fernsehen machen?
Herman: „Im Augenblick nicht.“
BILD: Wo sind Sie in 5 Jahren?
Herman: „Bei meinen Themen, für die ich mich einsetze und kämpfe.“
BILD: Werden Sie noch ein Buch schreiben?
Herman: „Ganz sicher.“ BILD: Worüber?
Herman: "Darüber möchte ich noch nicht sprechen. Aber es wird ganz sicher interessant.“
BILD: „Gab es Augenblicke, in denen Sie dachten: Es geht nicht mehr?“
Herman: „Nein, niemals. Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Meine Motivation beziehe ich aus meinem Glauben und Gott.“
Kommentar:
Es sieht so aus, als hätten Eva Herman die sieben Tage "nachdenken" gut getan. Die Antworten sind jetzt jedenfalls bedacht und sie tappt in kein Fettnäpfchen mehr. Klug ist, dass sie Kerner nicht beschuldigt und die negative Aussage der Kollegin nicht kommentiert. Die Ankündigung, ein Buch zu schreiben ist bereits der erste geschickte Werbespot für das bevorstehende Werk. Der Wirbel hat für die Kämpferin für die erziehenden Mütter immerhin den grossen Vorteil, dass sie jetzt auch als Autorin über all bekannt ist und das nächste Buch so oder so Aufsehen erregen wird. Nachtrag vom 28. Oktober 07
Innenminister Jürg Schönbohm reiht sich in die Riege der Herman-Verteidiger ein
In der Frankfurter Rundschau" schrieb der CDU-Politiker: Ich sehe Eva Herman als Opfer einer "politisch korrekten Sprachpolizei". Diese erhebt den Anspruch festlegen zu dürfen, welche Wörter als Indikator für nationalsozialistisch infiszierte Gedankengut dienen. Schönbohm nannte Hermans Ausschluss aus der Talkshow ein unrühmliches Kapitel deutscher TV-Geschichte