Seit Jahren machte sich die SP Schweiz für eine Legalisierung der weichen Drogen stark und lehnte stets repressive Massnahmen ab. So auch bei Gewalt in den Schulen, bei der Ausschaffung krimineller Ausländer. Die SP setzte auf die Einsicht und verlangte kostenträchtige Massnahmen bei der Prävention, Therapie, Mediatoren , der Integration oder forderte zusätzliche Sozialarbeiter. Im Wahljahr stellen wir heute mit Erstaunen fest, dass nach der happigen Wahlschlappe in Zürich plötzlich doch noch auf die Stimme des Volkes gehört wird und in verschiedensten Bereichen härteres Durchgreifen gefordert wird.
Nachdem bei der "Tour de Farce" in Frankreich ein Dopingfall nach dem anderen entdeckt worden ist, ist nun die SP auch bei dieser aktuellen Thematik sofort aufgesprungen. Es ist Pascale Bruderer, die zu unserem Erstaunen eine Verschärfung der Doping Strafnorm verlangt. Erstaunlich, dass es ausgerechnte die SP ist, die in diesem Fall noch einen Schritt weiter gehen will als das Bundesamt für Sport. Pascale Bruderer plötzlich als Vorreiterin zur Aufdeckung von Missständen beim Sport? Wie kommt es zu diesem Umdenken? Bruderer will die Strafnorm auf Dopingmittel wie Anabolika, Epo, Wachstumshormone oder Gendoping durchsetzen. Die SP fordert somit: Härte statt Nachsicht. Das ist neu! Nur beim Konsum von Cannabis hätte dies für die SP Politikerin keine Folgen. Hier bleibt sich Bruderer immerhin ihrer alten Philosophie treu. Was uns vor allem erstaunt: Die neuen Forderungen nach vermehrten Kontrollen. Ob der Ruf nach härterem Durchgreifen und Repressionen von Pascale Bruderer später auch noch bei der Jugendgewalt und bei den kriminellen Ausländern gefordert wird? Es würde uns nicht erstaunen.
Kommentar: Jeder Mensch darf einsichtig werden und einsehen, dass die frühere Politik des Gewährenlassens in eine Sackgasse geführt hat und von der Bevölkerung nicht verstanden wurde. Ob der Gesinnungswandel (härteres Durchgreifen) so kurz vor den Wahlen als ehrliche Einsicht gewertet wird oder vielmehr als geschickte Wahltaktik gesehen wird? Das werden später die Wahlresultate zeigen.
Hans- Jörg Fehr vertrat jedenfalls noch vor wenigen Wochen die Meinung, die SP werde ihren Inhalten treu bleiben.
Nachtrag :Im Sonntagsblick unter "classe politique"gelesen: Pascale Bruderer habe dem "Magazin" verraten, was sie "nicht mag": "Meine Stimme am Radio."
Dagegen gebe es aber doch ein höchst wirksames Mittel, meint der Kommentator: Den Mund zu halten, wenn das Radio kommt. Der SP Jungstar, der bei allen Problemen mitreden will, wird diesen Rat wohl kaum beherzigen. Nachtrag 27. August:
Pascale Bruderer bewies erneut politisches Geschick Im Gegensatz zur früheren Paradefreisinnigen, Maya Lallive d'Epinay - die es versäumt hatte, die Bevölkerung des eigenen Kantons zu berücksichtigen - sprang Pascale Bruderer über ihren eigenen Schatten und zeigte sich in der Oeffentlichkeit am Schwingerfest in Aarau, bei einer typischen Männerveranstaltung (Micheline Calmy-Rey brach mit der Tradition und lehnte als Rednerin der "Frauen- Rütlifeier" ihre Präsenz am Schwingerfest ab). Böse Zungen könnten nun behaupten, Pascale Bruderer sei ein Windfähnchen und buhle mit ihrem Auftritt lediglich um Stimmen im eigenen Kanton. Wir sehen es nicht so: Sie bewies mit ihrer Präsenz politische Klugheit. Sie gewinnt dadurch als Sportpolitikerin über die Fraktionsgrenzen hinweg an Ansehen. Nachtrag 25. November 07 Pascale Bruderer: Schon wieder politisch klug gehandelt Das Amt der Parteipräsidentin hat Pascale Bruderer abgelehnt. Sie weiss genau, dass sie dieser Job voll und ganz beansprucht hätte. Sie kennt die zeitraubende Arbeit einer Parteipräsidentin. Bestimmt ist zudem die junge Politikerin so klug, sich auszurechnen, dass es ein gewagtes Unterfangen wäre, eine Partei aus dem derzeitigen Tief heraus zu manöverieren. Das Risiko, sich für die Sache aufzureiben, um nachher höchstens noch den Undank ernten zu müssen, ist bei der SP derzeit gross. Ich finde, Pascale Bruderer sah bestimmt andere Wege, die politische Leiter zu erklimmen. Wege, die weniger riskant sind. Jemand, der so anpassungsfähig und flexibel ist, wie Pascale Bruderer, dem wird - auch ohne Parteipräsidium - früher oder später eine weniger riskanter Weg nach oben angeboten werden.
Nachtrag 3. Dez: Die Zurückhaltung hat sich gelohnt
Pascale Bruderer wurde nun 2. Vizepräsidentin des Nationalrates. Die 30-jährige Aargauer Sozialdemokratin erhielt am Montag 127 von 189 gültigen Stimmen. Die grüne Kampfkandidatin Maya Graf (BL) kam nur auf 49 Stimmen.
Kommentar: Pascale Bruderer zeichnet sich einmal mehr als clevere Taktikerin aus. Der Wahl zur Vicepräsidentin bestätigt dies.