Freitag, 8. September 2006
RUNDSCHAU VOM 6. SEPTEMBER (SF)
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Gedankensplitter zu einer Sendung über Kinder, die ein kleines Mädchen vergewaltigt hatten.
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Informationsgehalt: Sehr gering - Wirklich sehr gering. Vor allem wurde
einmal mehr der gesellschaftliche Kontext in dem Filmbeitrag vor der
Sendung ausgeblendet. Es ist wirklich schade, dass die vielen Studien, die
beispielsweise zur Vergewaltigungpolitik in Jugoslawien offenbar in der
schweizerischen Therapieform und in der politischen Diskussion noch nicht
rezipiert wurden. Im Krieg geht es darum, die Zivilisation des Feindes via
den Frauenkörper zu schänden und zu vernichten. Der Männerkörper steht als
Zeichen immer viel eher als Subjekt und als Verkörperung des Staates als
als Objekt und als Verkörperung der Kultur, die mit dem Frauenkörper
unterworfen wird. Vergewaltigung hat also mit Macht und nicht mit Sexualität zu tun.
Vergewaltigt werden Frauen vor allem in Gesellschaften in stark
patriarchalem Kontext - vergleichen Sie mal die Länderstatistiken! Je
gleichgestellter die Frauen umso weniger Vergewaltigungen - das sagt
hierzulande auch niemand. Frauen gelten in allen stark religiösen
Gemeinschaften als minderwertig. Das ist im Katholizismus so, das ist im
muslimischen Hintergrund ausserordentlich stark. Sonst müssten bei
Vergewaltigungsfällen in Pakistan nicht zwei Männer Zeugen sein, um
überhaupt eine Vergewaltigung zu Gericht bringen zu können. Und in den
meisten Fällen werden eher die Frauen dann wegen Ehebruch verurteilt und
gesteinigt als dass die Folterer und Vergewaltiger irgendeine Strafe
kriegen. Männergesellschaften proklamieren Gewalt an Frauen als ihr
"natürliches" Vorrecht.
Zudem war die Pornographiedebatte viel zu oberflächlich, wobei der Polizist
äusserst präzise war. Und einmal mehr wurde klar, dass die Polizei von den
Sozialwissenschaftlern immer wieder alleingelassen wird. Die Polizei stellt
fest, dass die Pornographisierung des Alltags, die übrigens auch im
öffentlichen Raum und nicht nur im Internet stattfindet, zu mehr Gewalt
führt und alle Studien (die mit kleinen Samplen arbeiten) verneinen einen
derartigen Zusammenhang. Wiederum sollte hier die Macht von Werbung,
Fernsehen und organisierter Kriminalität diskutiert werden.
Nebenbemerkung: Es ist vielleicht einmal Zeit, genauer hinzuschauen. Wenn
in Black'nBlond eine Frau in einem Sadomaso-Klub zum Rollschinkli
(Originalton von Rohr) verpackt werden darf und Roman Kilchsperger sich
schämt, dass er sich nicht getraute zuzuschlagen, obwohl die Frau dies doch
wollte und dafür bezahlt wurde, wenn um Ostern in derselben Sendung ein
Mädchen mit Stringtanga bekleidet zum Osterhäschen umgemalt wird und
niemand, aber auch niemand, keine Gleichstellungsstelle, keine
Frauenorganisation, keine Kinderschutzorganisation reklamiert, dann ist die
akzeptierte Pornographie wohl schon weit gediehen! Black'n Blond wurde nun
zwar eingestellt. Wegen zu geringen Einschaltquoten.
Aufklärungsaspekt der Sendung: Nichts Neues. Für die Zuschauer war alles bekannt.
Berichterstattung: Ziel und Zweck der Sendung wurde nicht transparent
gemacht. .
Es ist schon seltsam, dass in unserer Gesellschaft offenbar keine Regeln
mehr gelten. Die Jungs haben ein Verbrechen begangen. Sie müssen bestraft
werden. Sie müssen sich auch entschuldigen. Sie sollten büssen, in ganz
klassischen Sinne. Selbstverständlich gehört die Therapie dazu. Aber zuerst
die Strafe, die Entschuldigung und eine Form der Busse. Denn, wo leben wir
denn? In dieser Logik hätte kein einziger Hitlerjunge bestraft werden
können. Sondern er hätte sich einer Therapie für seine schrecklichen Taten
unterziehen müssen. Das vergewaltigte Mädchen muss Gerechtigkeit spüren.
Wir alle müssen das. Ansonsten ist gilt offenbar nur noch der Nihilismus,
die völligen Indifferenz gegenüber Normen und Regeln. Dabei sind besonders
Kinder sehr auf Gerechtigkeit sensibilisiert. Eben: Es lohnt sich, mal
genauer hinzuschauen.
Gründe der Taten? (Sie wurden zwar vermutet, lediglich aufgezählt). Es fehlten wissenschaftliche Erkenntnisse über:
Einfluss des familiären Umfelder?
Einfluss TV, Internet?
Es fehlen auch Antworten auf die wichtigste Fragen für Eltern und Erzieher:
Wie verhalten?
Was tun? Verbote? Therapien? Konkrete Vorschläge?
Der Problematik der kriminellen Handlungen von Kindern wurde ausgewichen.
Die Sendung brachte aus meiner Sicht der Bevölkerung zu wenig.
Weshalb dann der Beitrag?
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Eine Sendung zur Thematik hätte sich gelohnt, wenn mit grossem
Engagement die Urteilskraft geübt worden wäre. Die Mutter war aber sehr
beeindruckend. Und ihr Wunsch, die Kommunikation in Gang zu bringen war
wichtig. Aber die Mutter zu fragen, was sie von den Tätern
halte, war hart und zwangt sie in eine Situation, eine gewisse Empathie mit den
Tätern zu empfinden, obschon sie die Wut brauchte, um ihre Tochter zu
schützen. Vergessen wir nicht: Wichtig ist auch in diesem Fall das Wohlergehen der
vergewaltigten Tochter und nicht jenes der Täter. Woher dieser undifferenzierte
Drang stammt, die Täter immer wieder entschuldigen zu wollen und ihnen die
menschliche Verantwortung und Entscheidungsfreiheit abzusprechen, ist
mir ein Rätsel. Und 10jährige und 13jährige sind alles andere als naiv.
Gerade in der heutigen Zeit. Wer mit Kindern arbeitet, weiss das.
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